NACHWORT VON HANS-WERNER ENGELS

Christian von Massenbach

Notizen zu einem vergessenen Preußen Teil I & II

 

Legen Sie auf Ihren Tisch zu Hause diesen Zettel: Christian von Massenbach! Daß Sie nicht vergessen!! - Heute ist ein Massenbachtag. Und 1958 müssen Sie das Massenbachjahr feiern; oder besser trauern: denn `s ist zu spät! Und damit Sie nimmermehr aufhören, Europa zu beweinen und Massenbach, sollen Sie`s sehen und hören, wie stumpfe Bürger und ein stumpfer Staat das große Europa verhinderten und Massenbach lohnten! Bis heute: Denn auch Sie kennen ihn nicht. Vergessen ist er: bis Heute: das kann nicht sein, das kann nicht sein! Sie müssen Alles wissen; damit Sie künftig ehrfürchtig nicken können, wenn Sie den Namen hören, ...

Arno Schmidt, Massenbach / Historische Revue

Es gibt Biographien, die nichts außer jenen Fakten und Ereignissen enthalten, die sich in jedem menschlichen Schicksal spiegeln. Der Held ist - was seine äußeren Lebensdaten angeht - nicht mehr und nicht weniger als einer von Vielen. Lesenswert wird die Schilderung seines Lebens allein durch die innere Biographie, die dann allerdings oft aufregender ist, als es die abenteuerlichsten Ereignisse, die verhängnisvollsten Verstrickungen sein können. Wer einmal eine Biographie über Christian Ludwig August Reichsfreiherrn von und zu Massenbach schreiben will, wird weder über den Mangel an >Abenteuern< noch das Fehlen von Ideen bei dem Reichsfreiherrn klagen können. Vielleicht wird er sogar ein Werk schreiben, das eine Epoche der deutschen Geschichte - die Zeit der französischen Revolution und Napoleons - aus einer neuen, bislang vernachlässigten Perspektive darstellt.

Massenbach wurde am 16. April 1758 als zweiter Sohn des Oberforstmeisters Georg Wilhelm von Massenbach in Schmalkalden am Rande des Thüringer Waldes geboren. Er war ein Sproß einer altehrwürdigen reichsritterlichen Familie, die sich im 12. Jahrhundert in Schwaben angesiedelt hatte. Über seine Kinderjahre berichtet sein erster Biograph Friedrich Buchholz: »Er erreichte sein zehntes Jahr, ohne lesen und schreiben zu können. Die Jagd war bis dahin sein größtes Vergnügen; er entsagte ihr aber, als er einmal in der Abenddämmerung, beim Abschießen seiner Flinte, das Unglück hatte, seinen väterlichen Oheim schwer zu verwunden. Von diesem Augenblick an, suchte er sich der langen Weile dadurch zu entziehen, daß er Antheil an den Unterweisungen seiner älteren Geschwister nahm.[1]

Unterrichtet wurden die Kinder von einem Studenten aus Heidelberg, den der Vater als Hofmeister angestellt hatte.

Seit 1770 besuchte er eine Pensionsanstalt in Ludwigsburg und dann das Militärwaisenhaus, das der Herzog Karl Eugen von Württemberg auf dem Lustschloß Solitude eingerichtet hatte. Massenbach scheint für manche Lehrer ein unbequemer Schüler gewesen zu sein. Eine Schulgeschichte stellt fest: »Während eine ganze Reihe von Schülern straflos blieb, gab es Eleven, die über 80 Mal >wegen gemachten Exessen< bestraft wurden. Für das Jahr 1773 z. B. meldete Obristwachtmeister Alberti den Zögling Christian von Massenbach als den >geringsten in der Aufführung<, während Schiller in derselben Zeit nur zweimal bestraft wurde.«[2]

Mit Friedrich Schiller blieb Massenbach auch nach der gemeinsamen Studienzeit verbunden. 1790 schrieb er an ihn, daß seine Gedanken oft bei ihm gewesen seien:

Ihr Genius muß Ihnen tausendmal gesagt haben, welchen vertrauten Umgang ich mit Ihnen gepflogen habe. Denn so oft ein neues Werk von Ihnen erschien, war ich wie der Blitz dahinterher und zündete das Öllämpchen meines Geistes an dem Feuer-Meer des Ihrigen wieder an. Wie oft haben Sie mich in Enthusiasmus versetzt! Wie wurde mir, als ich Ihren Geisterseher las, die Haare kräuselten sich mir auf dem Kopfe und es war mir, als würden sie aus der Wurzel gerissen.[3]

Massenbach war ein fleißiger und begabter Schüler, so daß er schon damals schnell aufstieg: 1772 wurde er zum Chevalier, 1774 zum Leutnant hei der Garde zu Fuß ernannt. Von seinen Lehrern beeinflußte ihn besonders der Militärtheoretiker Ferdinand Friedrich von Nicolai, dessen Ideen ihn auch später entscheidend prägten.[4] 1778 wurde Massenbach zur Truppe versetzt. Als sich der Herzog entschloß, einen weiteren Professor für die militärische Fakultät der Hohen Karlsschule in Stuttgart zu berufen, wählte er Massenbach, der dort seit dem 9. Februar 1782 als Professor für Mathematik, Taktik und Strategie lehrte.

Sein Ehrgeiz war aber mit dieser Stellung keineswegs befriedigt. 1782 übersetzte er ein französisches Militärwerk und sandte das Buch Über die Kugelbahn, aus dem Französischen von Bézoul (Stuttgart 1782) an Friedrich II. von Preußen. Dieser schrieb ihm am 17. Oktober 1782, er danke für die Übersetzung, und es stehe ihm frei nach Potsdam zu kommen, um dort ein Examen zu machen.[5] Massenbach nahm Heimaturlaub und kehrte nicht nach Württemberg zurück. Am 2. Februar 1783 erhielt er in Berlin sein Patent als Quartiermeisterleutnant.

Der Militär blieb zeit seines Lebens ein Verehrer Friedrichs II. Er war aber auch - und das haben bisherige Kritiker des ungewöhnlichen Mannes übersehen - insofern mit Friedrich verbunden, als sein Militarismus den des Königs noch übertraf. Nur wenige Personen jener Zeit haben so kompromißlos Eroberungskriege gutgeheißen wie Massenbach. In vielen seiner Schriften hat er sich zu imperialistischen Träumen verstiegen und wünschte schon damals Preußen zur Weltmacht zu erheben. So schrieb er etwa in einem Essay über Die Lage der Welt und Preußens nach Friedrichs Tode:

Preußen muß sich vergrößern; Preußen muß, wie im Jahre 1740, auf Eroberungen ausgehen, um sich zu erhalten. Stand dieser Grundsatz fest; so folgte aus ihm unmittelbar der zweite: die Nation mußte Armee, und die Armee mußte Nation sein. Nur bei Befolgung dieser Grundsätze können die Völker zu Eroberungen schreiten.[6]

Während seiner ersten Jahre in Preußen schrieb er weitere mathematische und militärische Werke und erwarb sich am preußischen Hofe eine akzeptable Position, die durch seine Heirat mit Amalie Henriette von Gualtieri im Jahre 1788 gesichert wurde. Ein Jahr vorher hatte Massenbach im holländischen Feldzug drei Finger der linken Hand verloren und für seinen Einsatz den Orden pour le merite erhalten.

Zu seinen Aufgaben zählte es auch, dem Prinzen Louis Ferdinand von Preußen Mathematikunterricht zu erteilen. Beide sollte das Schicksal noch oft zusammenführen, und der fleißige und ehrgeizige Lehrer, der sehr strenge Maßstäbe für die Bildung fürstlicher Hoheiten anlegte, schlug immer wieder die Hände über den Kopf zusammen, wenn er das Treiben seines einstigen Schützlings beobachtete. Etwa um 1800 schrieb er an den Prinzen:

Auf dem Wege, auf welchem Sie seit mehreren Jahren wandeln, ist noch kein großer Mann, kein großer Feldherr gebildet worden... Ihre Lektüre ist nicht geordnet, ist Stückwerk, daher sind Ihre moralischen und wissenschaftlichen Grundsätze schwankend und unstät... Sie fliehen die Einsamkeit, und nur in der Einsamkeit reift der Mann, der seinem Vaterland wahrhaft große Dienste leistet und den Ehrgeiz haben will, neben den großen Männern der Jahrhunderte und aller Nationen zu glänzen... Alle edlen Männer Ihres Vaterlandes trauern um sie, der Sie mit eigener gewaltsamer Hand die Talente, mit denen die Natur Sie ausgerüstet hat, zerstören und sich auf solche Art dem Dienste Ihres Vaterlandes und Ihres Königs entziehen...[7]

Eine neue Epoche begann für den karrierebewußten Mann mit dem Ersten Koalitionskrieg (1792-1797). Während man sich später beim Krieg von 1806 sträubte, Massenbach als Augenzeugen und ernsthaften Chronisten gelten zu lassen, so sind seine Aufzeichnungen über den Krieg 1792 - 97 durchaus gewürdigt und als wichtige Quelle herangezogen worden.[8] Einer, der Massenbachs Memoiren studierte, um seine eigenen Erinnerungen über die Campagne in Frankreich aufzufrischen, war Goethe. Vieles deutet darauf hin, daß sein Kernsatz »Von hier und heute geht eine neue Epoche der Weltgeschichte aus, und ihr könnt sagen >Ihr seid dabeigewesen<«, von Massenbach beeinflußt wurde. Denn der Fachmann schrieb immerhin zum selben Ereignis:

Sie hatten die Feuerprobe bestanden; sie hatten mehr von uns erwartet. Jetzt waren wir in ihrer Idee gefallen, sie in ihrer eigenen gestiegen. Wir hatten mehr verloren, als eine Schlacht. Die Meinung war dahin. - Der 90ste September (1799) hat der Welt eine andere Gestalt gegeben. Er ist der wichtigste Tag des Jahrhunderts! - [9]

Als Preußen nach dem Frieden von Basel (1795) aus der Koalition ausschied und in dem >Weltkrieg< zwischen England und Frankreich neutral blieb, hatte Massenbach Muße, in einer Reihe von Publikationen seine umfangreichen Kriegserfahrungen aufzuarbeiten. Detailliert kommentiert er die Feldzüge, berechnet u.a. die Kosten, die künftige Kämpfe verschlingen würden. In der Regel beschränken sich seine Ausführungen auf strategische Fragen und auch die Fehden der Österreicher, die bis 1797 weiter gegen Frankreich fochten, analysiert er vor allem unter dem Gesichtspunkt der Terrainlehre. Die letzte Schrift dieser Art, die eine zweite Phase seiner Schriftstellerei abschließt, erschien 1802 in Berlin mit dem Titel: Über die Feldzüge in den Jahren 1799 und 1800.

Massenbach neigte aber schon hier dazu, sich nicht nur auf reine militärische Fragen zu konzentrieren. In den anonym erschienenen Betrachtungen über die Feldzüge Österreichs und Preußens gegen Frankreich in den Jahren 1792, 1793 und 1794 und über die wahrscheinlichen, welcher der Feldzug im Jahre 1795 verspricht oder befürchten läßt (1795) zweifelt er schon generell an diesem Krieg, der doch nur den Engländern nützen würde: »Aber, führt man desswegen Krieg mit Frankreich, damit der Londoner Kaufmann indessen das Monopol des Handels der vier Welttheile erhasche?«[10]

Massenbach reflektierte aber nicht nur über Vergangenes, sondern bemühte sich auch, Preußen in eine sichere Zukunft zu führen. Drei Ideen schienen ihm dazu vordringlich, und es wäre schwer, ihm dabei fehlenden Arbeitseifer nachsagen zu können; der Militär forderte:

- eine Befestigungskette im Osten

- die Neuordnung des Generalquartiermeisterstabes

- ein enges Bündnis mit Frankreich.

Von diesen Projekten, die er seit 1795 verfocht, hatte nur die Neuorganisation des Generalquartiermeisterstabes langfristigen Erfolg. Seine Bemühungen, im Osten Preußens Festungen zu erbauen, erschienen den meisten Zeitgenossen schrullig. Der Kriegsrat und Schriftsteller Friedrich von Cölln dagegen konnte 1807 als Augenzeuge Massenbachs Wollen anerkennen:

Dieser Krieg bewährt den großen Nutzen, welche Vestungen haben, und daß die Idee so vieler unserer Feldherren ganz falsch war, wenn sie sagt: sie wären eine unnütze Bürde für den Staat. Auch selbst der König ging von diesem irrigen Grundsatz aus.

Einst besah er die Vestung Graudenz, und wurde von dem Obrist Massenbach geführt. An einem Ort, wo er die Werke übersehen konnte, an denen gebaut wurde, sagte er zu dem Obrist Massenbach:

Der König. Das wird viel Geld kosten.

M. O ja, Ihro Majestät, an 350,000 Rthlr.

Der König. Das ist wieder weggeworfen.

M. Was Wollen Ew. M. damit sagen?

Der König. Vestungen sind Krebsschaden des Staates.

Deshalb machte mann denn auch abgelebte Greise zu Vestungskommandanten, gleichsam, als wenn die Invalidität hierher gehörte.[11]

Auf Massenbachs dritte Leidenschaft, sein unermüdliches Pochen auf eine Allianz mit Frankreich, wird noch einzugehen sein. Vielleicht wäre auch der Militär als fleißiger und bemühter Stratege und Vorbereiter der preußischen Reformen in die Geschichte eingegangen, wäre nicht jenes verhängnisvolle Jahr 1806 gekommen, das nicht nur das Ende des Reiches besiegelte, sondern auch Massenbachs Schicksalsjahr wurde. Für die Tatsache, daß die Ideen Massenbachs durchaus schon von den Zeitgenosseh gewürdigt wurden, spricht ein Brief, den Prinz Louis Ferdinand etwa einen Monat vor seinem Tod an ihn schrieb. Er ist merkwürdig genug.

(Berlin, Anfang September 1806)

Ihr Brief, lieber Massenbach, hat mich auf eine sehr angenehme Art überrascht - aber weniger erwartete ich auch nicht von Ihrem Kopfe und Herzen. Mit einem lebendigen Gefühle für alles Große und Schöne ist man nur zu geneigt, allen großen Begebenheiten große Motive, allen großen Handlungen große und edle Charaktere unterzulegen. Nichts war aber leichter, als sich über alles dasjenige, was in der Revolution vorgegangen, über deren Folgen und diejenigen zu irren, die durch sie gehoben, und die der Drang der Umstände an die Spitze derselben gesetzt. Das Vergessen aller Grundsätze, die bisher das föderative System von Europa erhalten, die unselige Schwachheit aller Fürsten, die dieses wirklich an großen Männern karge Zeitalter unter denen erzeugte, die das Schicksal zum Thron bestimmt; der Mangel an Regierungsformen, an großen Charakteren; eine traurige Folge der Erziehung und der auf Selbstsucht und Indifferenz hinwürkenden Philosophie, alles dieses bereitete die Ketten, die unser erwarten. Unsere Schwäche, unsere Kleinheit machten es Buonaparten leicht, Europa zu unterjochen, nachdem es einmal sich von den Grundsätzen entfernt hatte, die sonst seine Ruhe sicherten. Hierzu kamen alle kleinlichen Ansichten, die partielles Interesse und die stets wechselnden Formen der Revolution erzeugten, und daß wirklich wenige noch bemerken, daß Buonaparte der Mann der Revolution ist, und daß auch sie ihn mit sich fortreißt und treibt, und daß er noch stets alle revolutionären Mittel braucht, und daß, wenn er es auch wollte, er nicht zurückkehren könnte, und jetzo die Revolution mit der Königskrone, sonst mit der Jakobinermütze getrieben wird. Wie ich über die Gefahren dachte, die uns droheten, als die Armeen noch versammelt waren und leider auf eine ebenso unpolitische als unbegreifliche Weise getrennt wurden, mag Ihnen beiliegender Brief sagen, den ich kurz nach der Bataille von Austerlitz meiner Schwester schrieb, zu einer Zeit, wo Berlin ein so seltsames Schauspiel von Unentschlossenheit, militärischen Anstalten und Frivolität darbot. Wenn ich Sie in Dresden sehe, erbitte ich mir diesen Brief zurück.[12]

Sind unsere politischen Meinungen zwar verschieden gewesen, so weiß ich dennoch, daß wir über einen anderen Gegenstand homogener gedacht haben. Der ganze Staat liegt an einem Übel krank, welches ihm, werde es Krieg oder Frieden, gleich verderblich werden kann. Wir haben keine Regierungsform, kein Gouvernement. Friedrich II., der mit aller Kraft eines allumfassenden Geistes durch sich selbst regierte, dem kein Zweig der Verfassung unbekannt war, der über jeden derselben sich mit seinen Ministern unterhielt, und bei dem seine Kabinettsräte nur Werkzeuge seines Willen waren, hinterließ nicht seinen Nachfolgern jenen großen Geist, der alle Teile der Administration in einem gemeinsamen Brennpunkt vereinte, nur durch sich selbst wirkte, und dem Staat das innere Leben gab, welches er so bald nach seinem Tode verlor. Dieses stürzte uns unter dem vorigen König in die Favoriten-Regierung und die seiner Umgebungen männlichen und weiblichen Geschlechts. Unter dem jetzigen König drang sich das Kabinett zwischen den König und die ersten Staatsbeamten und ließ letzteren nur den Schein einer Macht, die das Kabinett ohne Responsabilität ausübt, oder vielmehr mißbraucht.

Die subjektive Zusammensetzung dieses Kabinetts hilft auf keine Weise dem Fehler dieser Verfassung ab, und Preußens Schicksal ist in diesem Augenblick in den Händen eines Advokaten, der übermütig absprechend und ohne Kenntnis der inneren und äußeren Angelegenheiten des Staates ist, dem alle militärischen Ansichten gänzlich fehlen [d.i. Beyme]; in denen eines seichten, herzlosen, moralisch und physisch abgespannten französischen Dichterlings [d.i. Lombard], und eines Ministers, welcher verworfen genug ist, das Werkzeug dieser Menschen zu sein, dessen ganzes Leben eine stete Folge von Schwachheit und Niedrigkeit ist, und in dessen verpestetem Herzen Wahrheitsliebe so erloschen, daß seine Worte eine stete Folge von Lügen sind... [gemeint ist Haugwitz].

Sehr glücklich bin ich, die Hoffnung zu haben, entweder die Schlesische Armee zu kommandieren oder unter dem Prinzen von Hohenlohe zu stehen. In beiden Fällen werde ich gewiß weder Ihre Erwartungen, noch die der Armee täuschen. Ich erwarte stets von Ihnen ein offenes, einfaches Darstellen der Wahrheit. Mein Herz und mein Verstand sind gemacht, selbige zu hören und zu schätzen, und alle Pflichten zu fühlen, die die jetzigen Umstände einem Neffen Friedrichs auflegen.

Bald sehen wir uns, so lange also leben Sie wohl und erhalten mir Ihre freundschaftliche Achtung.

Louis.

P. S. den 6ten bin ich in Dresden.[13]

Am 10. Oktober fand Louis Ferdinand den Tod in einem Gefecht bei Saalfeld. Am 14. Oktober schlug Napoleon die preußische Armee bei Jena und Auerstedt. Am 28. Oktober kapitulierte der Prinz von Hohenlohe unter maßgeblichem Einfluß von Massenbachs in Prenzlau. Über diesen Monat ist später viel geschrieben worden. Man kann aber jene Katastrophe, auch ohne Franz Mehring zu bemühen, auf eine Formel bringen.[14] Lombard schrieb schon 1807: »Eine schlecht angeführte Armee war von einer bessern und besser angeführten geschlagen worden. So war es: und nichts mehr, nichts weniger. Um es zu begreifen, hatte man nicht nöthig, zu heimlichen Ursachen, zu schimpflichen Voraussetzungen seine Zuflucht zu nehmen.«[15]

Das geschah aber nur zu bald. Für Massenbach, der sich nach publizistischen Angriffen zu rechtfertigen suchte, begann mit dem Winter 1806 seine dritte und bedeutendste Phase schriftstellerischen Wirkens. In jenen Jahren (1800 - 1809) folgten seine Veröffentlichungen in kurzen Abständen aufeinander, und erstellt man eine Bibliographie des schreibgewandten Veränderers, so sind immerhin über 13 seiner etwa 30 Schriften damals ediert worden. Zieht man in Betracht, welchen Umfang sie haben, so kann man ermessen, mit welchem Eifer sich Massenbach auch dieser Tätigkeit widmete. Sein Biograph Knesebeck erklärt Massenbachs Flucht in die Öffentlichkeit allein aus seinen finanziellen Nöten, die - glaubt man seinen detaillierten Angaben - wirklich umfänglich waren. Knesebecks Resümee: »So war es kein Wunder, daß auch Massenbach, um sich irgendwie Geld zu verdienen, seine Fähigkeit als Schriftsteller wieder benutzte.« [16] Diese Sicht ist einseitig. Der gedemütigte Militär, der ja alle Materialien sorgfältig gesammelt hatte, dachte lange Zeit gar nicht daran, sich an ein größeres Publikum zu wenden. An einen Freund schrieb er: »Aber - soll und kann ich mit diesen Urtheilen und Geständnissen jetzt hervortreten, und aufdecken, was noch verhüllt bleiben muß? Ich schreibe am 10ten November 1806. Es ist rühmlich, jetzt noch zu schweigen; es ist eines Mannes würdig, Verleumdungen eine Weile mit der Ruhe eines edlen Bewußtseins zu ertragen.«[17]

Massenbachs Haltung änderte sich aber, als die Angriffe auf ihn immer heftiger wurden. Am 3. Juli 1807 beklagt er sich über die Tribunale der Beschränktheit, Dummheit und Bosheit und bemerkt in einer Anmerkung, er verstehe darunter »das Geschmeiß von anonymen Schriftstellern, welche mit ihrem giftigen Geifer alle Bande der Ehrbarkeit und des Wohlstandes auflösen.«[18] Die Fehde begann und es ist schwer zu entscheiden, wer den ersten Stein warf.

Denn immerhin hatte Massenbach indirekt die publizistische Initiative ergriffen, indem er dafür sorgte, daß sein Adjudant Rühle von Lilienstern in dem Buch Betrachtungen eines Augenzeugen von dem Feldzug 1806 (Tübingen 1807) in seinem Sinne die Ereignisse schilderte. Daß Massenbach wesentlichen Anteil auch an dieser Schrift hat, ist nicht zu bezweifeln: »Der Oberst Massenbach hatte zu dem im Generalquartiermeisterstabe dienenden Herrn R. v. L. seit mehreren Jahren vorzügliches Vertrauen. Beide Officiere waren und sind, im engsten Sinne des Wortes, Freunde; so war es denn sehr natürlich, daß der Oberst Massenbach kein Bedenken trug, jenem Officier öfters die Ideen mitzutheilen, welche durch die Ereignisse der Zeit bei ihm selbst geweckt wurden.«[19] Da auch in diesem Buch einzelne Personen angegriffen wurden, so ist es nicht verwunderlich, daß diese sich wehrten.

Noch mehr Unruhe riefen jene Artikel hervor, die der Oberst selbst in der Zeitschrift Lichtstrahlen veröffentlichte. Die Zeitschrift, die Massenbach und Friedrich Buchholz herausgaben, war als Gegenpol zu von Cöllns Feuerbränden gedacht. Ende 1807 beschuldigte Massenbach den General von Blücher, er sei an der Kapitulation von Prenzlau Schuld. Der anonyme Artikel erregte Aufsehen, und nicht nur Blücher selbst verbat sich diese Unterstellung, auch der spätere Heeresreformer Scharnhorst bezeichnete diese Anschuldigung im Februarheft der bedeutenden politischen Zeitschrift Minerva als »falsch und erdichtet«.[20]

Der Februar 1808 wurde überhaupt der entscheidende Monat für Massenbachs folgende publizistische Tätigkeit. Was war geschehen?

Anfang des Monats erschien in Berlin in deutscher und französischer Sprache ein anonymes Buch, die Gallerie Preussischer Charaktere, das wie kein anderes die Gemüter erregte. Je 12 Militärpersonen und 12 Staatsmänner und Gelehrte werden dort in einer Weise charakterisiert, die in der Publizistik dieser Zeit einen Vergleich sucht.[21]

An der Verfasserschaft bestand nie ein Zweifel. Daß Massenbach und Buchholz an dieser Schmähschrift beteiligt waren, wurde schnell erkannt. Friedrich von Cölln führt aus: »An dieser Gallerie ist es besonders merkwürdig, daß die Verfasser und der Verleger auf eine so grobe Art sich zu verbergen suchen, daß nur ein Kind sie nicht entdecken würde.«[22] Auch daß Massenbach den Stoff lieferte und Buchholz das Buch verfaßt, hat, erkennt Cölln treffsicher: »Jene Gemählde sind entstellt durch Bemerkungen, welche aus keiner parteylosen Beobachtung der Subjekte genommen, sondern aus einem bösen Herzen geflossen sinrl, darum haben sie auch den Werth verlohren, den sie haben würden, wenn derjenige, welcher die Materialien lieferte, sie geschrieben hätte; denn diese Materialien sind größtentheils ächt.«[23] Die Radikalität der Gallerie ist auch daran zu erkennen, daß der Kriegsrat von Cölln selbst die Gebrechen und Schwächen des Staates in seinen Schriften schonungslos aufdeckte. Daß zwischen den franzosenfreundlichen Schriftstellern auch keineswegs jene Eintracht waltete, wie spätere Historiker sie vermuteten, zeigt eine Bemerkung Cöllns über Buchholz. Zwar läßt er dessen Gelehrsamkeit noch gelten, führt dann aber aus:

Er ist dabey unerträglich arrogant, ein Rechthaber erster Art ohne alle praktische Kenntnisse, ein Stubengelehrter, der nie weiter kam, als von Brandenburg nach Berlin, ohne alle feine Bildung und Repräsentation, ohne alles Redner-Talent; er läßt nichts gelten, was nicht von ihm ausgegangen; haßt lebende Gelehrte, und ergreift nur diejenigen der alten Zeit, die wenig gelesen werden; für jede grobe Schmeicheley empfänglich; unter den Menschen ein Fremdling; das ist Friedrich Buchholz[24]

Mit welcher Verbitterung etwa die Gegenpartei dieses Buch aufnahm, verdeutlicht eine Briefstelle des konservativen Publizisten und Zeitgenossen Friedrich von Gentz. Auch er erkennt klar den Anteil von Massenbach und Buchholz an der Gallerie. Über Massenbach schreibt er dann:

An Verstand fehlt es der Bestie nicht; denn seine Aufsätze gegen Müffling in den Lichtstrahlen sind, außer Ihrem Bericht, ohne allen Zweifel das Geist- und Lehrreichste, was über den Feldzug von 1806 noch geschrieben ward. Aber ein Abgrund von Bosheit, wie er in diesem Gemüte wohnt, ist selbst in unsern Zeiten selten und mit Ausnahme der Matadors der Revolution, Robespierre, Couthon, Collot d`Herbois u.s.w., nie zum Vorschein gekommen. Das ist der wahre Aufschluß über den Fall der preußischen Monarchie, daß solche Henkersknechte eine Rolle darin spielen konnten. Massenbach und Buchholz umspannen den Kreis menschlicher Verruchtheit; dieser durch die barbarische Kälte, mit welcher er, von nicht gemeinen Fähigkeiten, obgleich einem oft schiefen, manchmal verrückten Kopfe geleitet, das ganze künstliche, kostbare Gewebe des alten gesellschaftlichen Lebens Faden vor Faden auseinanderreißt; jener durch die höllische Wut, mit welcher er alles, was Achtung oder Schonung verdiente, den Hunden und Geiern der Verwüstung preisgiebt.«[25]

Welche Informationen Buchholz selbst besaß und welche Massenbach beisteuerte, hat die Forschung noch differenziert.[26] Auch ist der Spätjakobiner Hans von Held als Beiträger erwähnt worden, der allerdings als einziger Kritiker feststellte, einige vorgestellte Personen seien zu sehr geschont worden.[27]

Niemand hat das Erscheinen der Gallerie so betroffen gemacht wie Massenbach selbst. Seine Betroffenheit ist echt, und man kann ihm nur zum Vorwurf machen, daß er in seiner Naivität einem cleveren Berufsjournalisten wie Buchholz Mitteilungen und Informationen zukommen ließ, die er besser für sich behalten hätte. So grämt er sich auch, als er am 13. Februar 1808 seine Erklärung über das Buch: Gallerie Preussischer Charaktere abgibt, über seine Schwatzhaftigkeit, und wendet sich an Buchholz, ohne dessen Namen preiszugeben:

Sie haben in Ihrem Buche oft meinen Namen genannt, und manche Anekdoten öffentlich bekannt gemacht, welche ich in dem Kreis vertrauter Freunde erzählt haben kann. - Wer Sie auch seyn mögen: Sie hatten keineswegs das Recht, diese Anekdoten, ohne meine ausdrückliche Zustimmung und Erlaubniß, so, wie es geschehen ist, drucken zu lassen. Die Ergießungen eines durch Unglück schwer gedrückten Gemüths auf eine solche Art zu mißbrauchen, ist eine Handlung der grausamsten Indiskretion, die in Ihren eigenen Augen nie verzeihlich seyn kann.[28]

Besonders unangenehm war es Massenbach, daß er - als eine ausführlich erwähnte Persönlichkeit in der Gallerie - »glänzen sollte[29]«, während z. B. seine Kontrahenten wie Rüchel, Blücher und Lombard verurteilt wurden. So erkannte er auch klar die Folgen von Buchholz` Publikation: »Alle Leidenschaften hat er gegen mich aufgeregt: Eifersucht, Haß und Rachbegierde.«[30]

Da nun durch die Gallerie bekannt geworden war, auf wen Massenbach in seinen kritischen Plaudereien abzielte, blieb ihm kein anderer Ausweg, als seine Ansichten in seiner Sprache den Verantwortlichen vorzutragen. So entstanden im März 1808 jene Drei Sendschreiben, in denen der Oberst nun auch selbst gegen die vorher diffamierten Blücher, Rüchel und Lombard vorging. Obwohl er nun in dieser Publikation eine ganz andere Sprache fand, wich er trotzdem nicht von den gemachten Vorwürfen ab. Seine Höflichkeit sei verdeutlicht durch sein Sendschreiben an Rüchel: »Die Verhältnisse, in welchen ich mit Ewr. Exceilenz zu stehen die Ehre gehabt, und die große Achtung, welche ich für Sie fühle, machen es mir zur Pflicht, Ihnen zu sagen, daß ich in diesem Bericht die Verspätung Ihrer Ankunft am 14ten Oktober als die dritte Ursache von dem Verluste der Schlacht bei Vierzehnheiligen angegeben habe.[31] Am schärfsten greift Massenbach den Politiker Lombard an: »Mein Schreiben an den Herrn Geheimen Rath Lombard hat nicht den Charakter der Ehrfurcht, ob es gleich die Achtung nicht beleidigt, die Ein gebildeter Mann, dem andern schuldig ist.«[32] Anlaß für Massenbachs Wut war das Buch Materialien zur Geschichte der Jahre 1805, 1800, und 1807. Seinen Landsleuten zugeeignet von einem Preußen, das Lombard in französischer Sprache zu Anfang des Jahres 1808 verlegen ließ.[33]

Dort spielte er auch auf das Versagen Hohenlohes bei Prenzlau an und der Oberst fühlte sich berufen, sich und Hohenlohe nicht nur erneut zu verteidigen, sondern auch dem Staatsmann vorzuwerfen, an Preußens Sturz habe Lombards »Mangel an Tätigkeit und echtem Ehrgeitz viel beigetragen.«[34]

Auch die Betrachtungen und Aufschlüsse über die Ereignisse der Jahre 1805 und 1806 (Frankfurt und Leipzig 1808), die allerdings schon früher entstanden sind, resultieren aus der Gallerie und Massenbachs Rechtfertigungsmanie. In einer Zueignungsschrift an den Markgrafen Ludwig von Baden beschwert sich der Militär indirekt über Buchholz und sonstige Verteidiger: »Andere Schriftsteller, an deren Wohlwollen und Redlichkeit ich nicht zweiflen kann, haben meine Vertheidigung übernommen, und mir durch diese Vertheidigung großen Schaden gethan. Mein Name ist in ganz Deutschland verunglimpft.«[35] Die Betrachtungen, die Massenbach noch in Potsdam schrieb, zählen thesenartig alle Punkte auf, die nach seiner Ansicht zum Untergang Preußens führten. Massenbach hat hierzu seine umfangreichen Tagebucheintragungen benutzt. In ihrer Zielrichtung ist diese Schrift der Vorläufer des zweiten Teils der Historischen Denkwürdigkeiten.

Die eigentliche Rückbesinnung auf die Vergangenheit begann für Massenbach aber erst, als er sich in der zweiten Hälfte des Jahres 1808 auf sein Gut Bialokosch bei Posen, das ihm Friedrich Wilhelm III. 1798 geschenkt hatte, zurückzog. Dort ordnete er seine Aufzeichnungen und bereitete sie für den Druck vor. Ein Ergebnis seiner erzwungenen Ruhe war das Buch Rückerinnerungen an große Männer[36], das ältere Studien, so z. B. über Friedrich II. und dessen Bruder Heinrich, zusammenfaßte. Höhepunkt dieser Schrift ist das Essay Die Lage der Welt und Preußens nach Friedrichs Tode, das in dithyrambischer Sprache die Politik der Staaten von 1786 bis zur Ankunft Napoleons in Berlin 1806 darstellt. Eine Stilprobe soll dies verdeutlichen:

In dem friedlichen und frommen Pallaste zu Pillnitz wird die Fackel zum blutigen Kriege entzündet. Die alte Feindschaft wollen Oesterreich und Preußen vergessen. Einen festen Bund wollen die Monarchen schließen; Frankreichs Zertrümmerung ist sein Zweck. Stolz und in Gedanken Triumphator, führt Friedrich Wilhelm sein Heer über den Rhein. Schwachen Widerstand findet sein schwaches Heer; kraftvollen hätte es nicht besiegt. Longwy und Verdun öffnen von selbst die Thore. Das Argonnen-Gebirge, diese Thermopylen des Französischen Leonidas, werden umgangen. In den Katalaunischen Feldern, wohin Attila gedrungen, wehen die Fahnen der Preußen und Oesterreicher. Alles verkündiget Sieg. Im schnellen Vormarsch ist die Armee. Hundert Feuerschlünde sprühen Tod; Ehre und Ruhm und große Erfolge verspricht der Angriff. Der Angriff erfolgt nicht. - Die Armee hat keine Schlacht geliefert; - doch hat sie eine Schlacht verloren.

Es ertönt im Lager die Nachricht: Zertrümmert sei der Thron der Bourbonen; Ludwig sei in Fesseln; der Welt sei verkündet - die neue Republik! Muthlosigkeit bemächtigt sich der Heerführer. Sie wählen den Rückzug, kaum finden sie Sicherheit hinter den Wellen des Rheins, den sie vor wenigen Monaten mit Uebermuth überschritten; bald fällt jetzt das schuldlose Haupt des unglücklichen Königes, dem Könige zu Hülfe eilten, und dessen Untergang ihre Hülfe beschleunigte. Alle Thronen und alle Gemüther der Fürsten sind erschüttert. Friedrich Wilhelm entreißt sich der Freude, die auch im Feldlager ihn umgiebt, und weint bei der Nachricht des Todes seines königlichen Bruders. Erfolglose Thränen! - Thatenlose Feldzüge führen die Könige; thatenvolle die Republikaner.[37]

Die Zueignungsschrift datierte Massenbach auf den 17. August 1808. Nach einer Verlagsanzeige war auch geplant, die hier wieder vorgelegten Historischen Denkwürdigkeiten und die Memoiren zur Leipziger Michaelis-Messe dem Publikum vorzulegen.[38] Diese bedeutenden Bücher erschienen aber erst 1809.

In der Vorrede der dreibändigen, sehr umfangreichen Memoiren über meine Verhältnisse zum Preußischen Staat und insbesondere zum Herzog von Braunschweig gesteht der Autor:

Das Buch, welches ich heute meinen Zeitgenossen, und vielleicht auch der Nachwelt übergebe, ist die Fortsetzung und Ergänzung der Denkwürdigkeiten; ich will deutlicher, als es je einer gethan hat, zeigen, wie es zugegangen, daß der Neffe des großen Friedrich`s den Fall Preußens veranlassen mußte.

Auch in den nun folgenden Blättern habe ich mit der Freimüthigkeit gesprochen, mit welcher ein Mann reden muß, der sich in Gedanken in die Regionen jenseits des Grabes versezt, und von den mächtigen und unmächtigen Männern, die seine Zeitgenossen sind, Abschied genommen hat. In allen Situationen meines Lebens habe ich nach meiner Ueberzeugung gesprochen und gehandelt; ich werde diese - löbliche oder unlöbliche - Gewohnheit, jezt, da ich mich nicht mehr zur lebenden Welt, oder zur gegenwärtigen Generation zähle, zuverlässig nicht ablegen.«[39]

Was die Memoiren von den Denkwürdigkeiten unterscheidet, ist u. a. der Zeitraum, über den der Oberst berichtet. Ausführlich und unter Beilage von Briefen, Aktenstücken und anderen Dokumenten, schildert er alle Ereignisse, deren Augenzeuge er von 1783 bis zum Tode des Herzogs von Braunschweig (1806) wurde. Dabei neigt er noch mehr dazu, lebende und verstorbene Mitakteure bloßzustellen.

Daß Massenbach überhaupt noch recht kritisch Verhältnisse und Zustände schildern konnte, von denen man eigentlich seit 1809 nichts mehr wissen wollte, ist kurios genug. Denn spätestens 1808 hatte jene Publizistik ein Ende gefunden, die sich so ungebärdig gegen die preußischen Zustände aufgelehnt hatte. Seit dem Frieden von Tilsit, wo Rußland und Frankreich ein Bündnis schlossen, hatte Napoleon jeden Gedanken auf eine Revolutionierung Preußens aufgegeben und stützte sich nun auf die legitimierten Machthaber. Reformpolitik im Rahmen der Monarchie war erlaubt, jene Bilderstürmerei aber, die Massenbach weiter handhabte, war unerwünscht.

So war es auch nicht verwunderlich, daß der vierte Band von Massenbachs Memoiren, der 1810 erscheinen sollte, nicht mehr das Licht der Welt erblickte. Die preußische Regierung schritt ein und der König von Sachsen - in dessen Einflußbereich die Werke gedruckt wurden - teilte dem Obersten mit, er solle weitere Veröffentlichungen unterlassen, da man sonst nicht mehr für seine Sicherheit aufkommen könne. Massenbach erkannte, daß er die Situation unterschätzt hatte und schrieb am 10. April 1810 dem preußischen König einen Brief, in dem er wieder einmal äußerte, »er habe in einer Art Verrücktheit gehandelt und versprach ewig zu schweigen«.[40] So wurde dann die ganze Auflage außer dem Manuskript und 25 Prachtausgaben in einer Papiermühle bei Jena unter sorgfältiger Aufsicht eingestampft.

Noch im selben Jahre begann nun Massenbach ein Unternehmen, das ihm zum Verhängnis werden sollte, das aber faszinierend genug war. Keineswegs zufrieden mit seinen bisherigen Ausführungen, Enthüllungen, Erklarungen und Einsichten, entschloß sich der Frührentner, eine Monumentalbiographie zu entwerfen, die seine bisherige Lebenserfahrung von seiner Geburt bis zur Kapitulation zu Prenzlau zusammenfaßte. Im Vorwort dieser nie gedruckten Biographie äußert er:

Vielleicht habe ich meine Absicht erreicht mit Bescheidenheit von meinen Tugenden, von meinen Fehlern mit noch größerer Aufrichtigkeit zu sprechen, als selbst Johann Jakob Rousseau, der Graf Aldieri und der Minister Goethe von sich gesprochen haben. Ich bin weit entfernt auch nur zu wähnen, als wäre ich Rousseau oder Goethe, in Hinsicht auf die Schönheit, Eleganz und Kraft der Diktion, auch nur einigermaßen nahegekommen. Keiner dieser Männer war in der Lage, große Weltbegebenheiten ganz in der Nähe beobachten zu können. In einer solchen Lage habe ich mich einige Male befunden.[41]

Fast sechs Jahre brauchte er, um dieses Werk zu schreiben. Sicher ist dort manches übernommen, was bereits in früheren Arbeiten angedeutet wurde. Ein fundiertes Urteil ist mir aber nicht möglich, da ich die achtbändigen ungedruckten Memoiren nicht einsehen konnte.

Massenbachs Biograph Knesebeck bemerkt, daß dieses Großwerk die bisher nicht erwähnten Jugenderlebnisse darstellt, ebenso, daß die folgenden Bände - besonders der 7. und 8. Band - »noch eine größere Anzahl von kleinen Erlebnissen mit dem König, der Königin und anderen hohen Persönlichkeiten in oft indiskreter Weise« darbietet. Ferner seien seine große Anzahl von Denkschriften, Briefen und Karten von sich und anderen, die ihm durch seine dienstliche Stellung bekannt geworden waren, verwertet worden. Wenn dann Knesebeck trotzdem feststellt, es sei keine Schande für die Geschichtsforschung, daß diese Bände unterdrückt worden seien, so zeigt dies nur, wie er seinen Beruf verfehlte.[42]

Bevor sich aber Massenbach daran machte, sein Hauptwerk zu veröffentlichen, geriet er noch einmal in den Mittelpunkt öffentlicher Meinung. In Württemberg hatte der König Friedrich I., der seit 1805 sein Land absolut regierte, im Frühjahr 1815 eine Verfassung angeboten, die geringe Konzessionen an die Stände machte, aber nicht das »gute, alte Recht« wiederherstellte. Zum neu gebildeten Landtag sollten u. a. auch Mitglieder »aus den Häuptern der vormals reichsunmittelbaren fürstlichen und gräflichen Familien, auf deren im Reiche gelegenen Besitzungen Reichs- und Kreistagsstimmen ruhten«[43] zählen. Da nun das Gut der Freiherren von und zu Massenbach seit 1803 zum Königreich Württemberg gehörte, stand auch dieser Familie eine Stimme zu. So reiste also der Oberst im August 1816 auf das massenbachsche Stammgut und erhielt von seinen Brüdern die Vollmacht, die Familie durch >Virilstimme< in Stuttgart zu vertreten.

Am 14. November 1816 hielt er vor dem Landtag seine erste Rede und griff damit in eine Diskussion ein, die auf eine Revidierung der ersten vom König vorgeschlagenen Verfassung abzielte. Der >Abgeordnete< zählte bald zu den Führern der ständischen Opposition und propagierte ein konstitutionelles Königtum, in dem die Minister dem Landtag verantwortlich waren - also keine Geheimen Räte existierten -, die Permanenz der Repräsentation gewährt blieb, die Abgeordneten für immun erklärt wurden und die ständische Kasse von den Ständen selbst verwaltet wurde.

Erstaunlich ist es, mit welchem Einsatz und welcher Intensität sich der fast sechzigjährige, von aller öffentlichen Aktivität bisher ausgeschlossene Mann dieser neuen Aufgabe widmete. Nicht genug, daß er seine Ideen in Württemberg durchsetzen wollte, auch Deutschland insgesamt wollte er eine Verfassung vorschlagen, wie sie ihm für Württemberg vorschwebte. Als er im Februar 1817 in Frankfurt a. M. weilte, veröffentlichte er die Flugschrift Obrist Massenbach an alle Teutsche Männer , die seine Ideen präzisierte. Diese Schrift wurde auch darum zum Politikum, weil er sie »Seiner Majestät dem Könige von Preußen« widmete, den er nachdrücklich an sein Verfassungsversprechen erinnerte. Ansonsten wiederholt er seinen »Mitteleuropagedanken« und verweist auf die Gefahr, die Deutschland aus dem Norden (England), dem Westen (Frankreich) und vor allem dem Osten drohe:

Haben wir nie, wenn wir über unser nächstes Jahrhundert hinausdenken, haben wir nie zu befürchten, daß die Blüthen und Früchte unserer Kultur von dem eisernen Fußtritte der Kinder der Wolga zertreten werden; daß Baschkiren-Söhne in unsern Städten herrschen, wie einst Gothen in Athen und Rom herrschten, und Phidiasse zu Steinmetzen herabwürdigten?[44]

Um die außenpolitische Frage zu lösen und um sich gegen die Gefahren der anderen Großmächte zu wappnen, müsse ein deutsches Parlament gebildet werden:

Nichts Grosses, nichts Herrliches, nichts in die Jahrhunderte hinein Dauerndes, kann ohne die Verwirklichung der teutschen Nationalrepräsentation zu Stande gebracht werden! Ohne sie wird sich die ganze europäische Menschheit nicht zur gesetzlichen Freiheit erheben. Gleich Kindern, werden wir Teutsche betrachtet, gleich Schulknaben forthin behandelt werden. Ohne Nationalrepräsentation werden wir Teutsche Kriege führen, wie wir sie immer geführt haben, andere Nationen zu vergrössern und zu beglücken; wir werden klein und unglücklich bleiben, immer kleiner und unglücklicher werden. - Wollen wir das? Finden wir uns noch immer nicht aufgefordert, uns eine grosse, gediegene, eine aus einer Form gegossene Verfassung zu geben? Nicht aufgefordert, die Gefühle wieder in uns zu erwecken, die nach den Schlachten bei Büren, Liegnitz, Dennewitz, bei Leipzig, in allen Teutschen erglühten?

Wir müssen die Glut des Wärmestoffs erneuern; oder wir gehen in der Kälte unter! Ich will von ganzer Seele, daß die Fürsten mit den Völkern, die Völker mit den Fürsten innigst verbunden werden. Ich bin nur in so fern ein Volksfreund, in so fern ich ein treuer Verehrer guter Fürsten bin. Volk und Fürst ist Eins, ist der Staat.[45]

Derartige Äußerungen waren damals mehr als revolutionär, und es darf nicht verwundern, daß der Verfassungsfreund erneut ins Kreuzfeuer der Kritik geriet. Zu den Kritikern zählte auch sein einstiger Kampfgefährte Friedrich Buchholz, der inzwischen seinen Frieden mit dem preußischen Staat geschlossen hatte und als gutbesoldeter Journalist jeden Auftrag entgegennahm, der ihm gestellt wurde. Hatte Buchholz einst eine Universalmonarchie als Ideal entworfen, dann unter Hardenbergs Einfluß eine Volksvertretung gutgeheißen, so wendet er sich nun ganz konservativen Anschauungen zu, indem er den Bürger- und Bauernstand, dem Massenbach politisches Mitspracherecht erkämpfen wollte, mit Hottentotten vergleicht, die unfähig zu jeder politischen Entscheidung seien. Dieser Vergleich hat den württembergischen Abgeordneten nicht wenig erregt.[46]

Die Auseinandersetzung um die neue Verfassung kam auch unter dem neuen König Wilhelm I. nicht zur Ruhe und gipfelte mit einem Ultimatum des Königs, in dem er am 26. Mai verlangte, daß die Verfassung innerhalb einer Woche anzunehmen sei. Massenbach forderte ein Gegenultimatum, das das Volk dem König stellen sollte. Am 4. Juni 1817 löste darauf der König den Landtag auf. Über Massenbachs Ausweisung berichtet ein Zeitgenosse:

Auch war er unter denen, welche sogleich nach der Auflösung der Ständeversammlung aus der Stadt verwiesen wurden und kaum gelang es ihm sich den gewaltsamen Maßregeln der Polizei zu entziehen, die ihn noch in einer Entfernung von 6 Meilen von Stuttgart zu verfolgen drohte. Er wandte sich hierauf nach Heidelberg, wo einer seiner Söhne studieren sollte. Allein die von der Stadtpolizei ihm ertheilte Erlaubniß zu dortigem Aufenthalte wurde wenige Tage darauf auf höheren Befehl zurückgenommen und da v. M`s Anfrage nach den Gründen dieses Verfahrens ohne Erfolg blieb, so wandte sich derselbe nach Frankfurt a. M., wo er seine Reklamation wegen des wider ihn beobachteten Verfahrens bei der Bundesversammlung anbrachte.[47]

Während der kurzen Zeit, die er noch in Frankfurt, vor seiner Verhaftung am 18. August 1817 zubrachte, warb er weiter durch immer radikalere Flugschriften für seine Ideen. Das zweite Schreiben Obrist Massenbach an alle Teutsche Männer, das ganz unter dem Eindruck der Auflösung der Ständeversammlung stand, verzichtet aber noch auf Gewalt: »So suchet also die Freyheit mit Muth und Kraft auf dem Wege des Rechts. Wohlan! da will auch ich sie mit Euch suchen. Die Marseiller wollen wir nicht bewaffnen. Nicht die Fackel des Aufruhrs wollen wir schwingen.[48] Im kleinen Freundeskreis ging Massenbach aber noch einen Schritt weiter und plante den Aufstand:

Die Revolution, das heißt die allgemeine Einführung repräsentativer Verfassungen muß durch die Ideen geschehen, die von allen aufgeklärten Männern, die keine Fürstenknechte sind, unter dem Volk verbreitet werden. Es müssen kleine Hefte von 3-4 Bogen über die Grundpfeiler der Freiheit gedruckt und unentgeldlich zu Millionen ausgeteilt werden. Es muß der k!eine Mann aufgeklärt werden, über die wichtigsten Wahrheiten. Die Väter und Söhne werden die Söhne und Brüder gewinnen, die Soldaten sind, und so werden den Fürsten die Bajonette und Säbel und die Flinten und Kanonen aus den Händen gewunden, ehe sie es selbst wissen, daß dies geschehen ist. Es wird also nichts erfordert, als Gesellschaften, als Vereine aufgeklärter Männer in allen Staaten, welche obige Hefte lokal machen, und dann ihre Verteilung bewirken.[49]

Neben seinen politischen Aktivitäten hatte sich Massenbach schon seit dem Frühjahr 1817 mit einem anderen Projekt beschäftigt. Um seine zerrüttete Finanzlage zu stabilisieren, drohte er mit dem Druck seiner bisher unveröffentlichten Memoiren. Für die Aushändigung des Manuskripts forderte er - auch unter Berücksichtigung seiner nicht erhaltenen Pension - insgesamt 57500 Reichstaler.[50]

Als Massenbach dann auch noch eine Inhaltsangabe des Werkes nach Berlin sandte und man sich vom Ernst seines Planes überzeugt hatte, setzten die zuständigen Behörden alle Hebel in Bewegung, um ihn wegen Landesverrats verhaften zu lassen. Als endlich der Frankfurter Senat zustimmte, wurde Massenbach unter dramatischen Umständen in der Nacht vom 18. zum 19. August 1817 verhaftet und sofort auf die Festung Küstrin überführt.

Der Prozeß, der auch noch einmal unter vielen anderen Anklagepunkten die Kapitulation von Prenzlau aufrollte, war von ungewöhnlicher Dauer und erst am 26. Februar 1819 wurde vom Kriegsgericht folgendes Urteil beschlossen:

 

Daß Inculpat wegen geständlich begangener Landesverräterei, desgleichen wegen versuchter Erpressung durch Androhung eines landesverräterischen Unternehmens, ferner wegen unterlassener Ablieferung seiner Dienstpapiere, so wie endlich wegen angedrohten Ungehorsams mit 14jährigem Festungsarrest und Kassation zu bestrafen [...]. Dagegen aber wegen der begangenen Verletzung der Ehrfurcht gegen den Staat mit aller Strafe zu verschonen und die Anschuldigung, seine Dienstpflicht durch Ausführung und Verbreitung revolutionärer Ideen verletzt zu haben, als Gegenstand dieses Erkenntnisses nicht zu betrachten. Jedoch derselbe verbunden, die durch die Untersuchung entstandenen baren Auslagen zu erstatten, und den Wertstempel mit 10 Rth. zu entrichten.[51]

 

Massenbach wurde dann von der Festung Küstrin nach Glatz überwiesen. Dort entwickelte er noch einmal seine Intellektualität, indem er eine 28 Bände umfassende volkswirtschaftliche Arbeit schrieb, das Staatsschuldentilgungswesen. Als er auf dem Druck des Werkes bestand, wurde ihm dies wiederholt abgelehnt mit der Bemerkung, er hätte sich wieder einer scharfen Polemik gegen hochgestellte Persönlichkeiten nicht enthalten können. Zum Schluß seines Lebens wandte sich der gebrochene Mann der Religion zu und sandte dem König einen Brief in versöhnlichem Tone. So wurde er am 26. August 1826 entlassen.

Massenbach war es nicht gegeben, seine Freiheit zu genießen. Am 21. November 1827 starb er in Bialokosch. Seine Gattin, die noch bis 1846 lebte, und seine drei Kinder trauerten um ihn.[52]“ „Bei dem Ordnen seines Nachlasses“ – so schließt Knesebeck seine Biographie – »fand sich noch eine große Menge von Schriftstücken vor, hatte doch Massenbach auf Festung einige Zentner Papier beschrieben. Einen Teil nahm sich Cassius, während die letzten Dienstpapiere der Oberst v. Diest vom Posener Generalkommando mit einem Trainwagen abholte.«[53]


II

 

Die gewaltigste Erscheinung aber, und eine der gewaltigsten des Jahrhunderts überhaupt, ist der sehr große Christian von Massenbach.

Arno Schmidt

Wer ein beliebiges Werk zur preußischen Geschichte aufschlägt und das Register bemüht, kann sicher sein, unter dem Stichwort: Marwitz, Friedrich August Ludwig von der (1777-1837) mehrere Fundstellen zu finden. Der General und Politiker, dessen umfangreicher Nachlaß mehrmals herausgegeben wurde, zählt zu den konservativsten Repräsentanten seiner Zeit. Dagegen wird man lange suchen müssen, um in den Registern auch Massenbach erwähnt zu finden.

Warum?

Auch Schmidt deutet in seiner eigenen Art die Ursache dafür einmal an, obgleich seine Feststellung nicht nur für die Jahre vor Jena und Auerstedt von Bedeutung war:

Damals giebt es 2 Parteien im Lande: einmal die sogenannte >Preußische< - an deren Spitze stehen die berüchtigte >Königin Louise<; Prinz Louis Ferdinand, >sechs Fuß hoch aufgeschossen<; der schon erwähnte General Rüchel; in unsere Tagessprache übersetzt also: Chauvinisten & Militaristen. / Und außerdem die sogenannte >Französische Partei<, die auf ein Vereinigtes Europa unter der Hegemonie Frankreichs hinarbeitet. - der gehören vor allem zahlreiche Intellektuelle an; ihr geistiges Zentrum ist der große Christian von Massenbach.[54]

Die Unversöhnlichkeit, die Erbitterung und der Haß, mit denen sich beide Parteien damals bekämpften, kann aber erst recht verstanden werden, wenn man sich den wirtschaftlichen Hintergrund vergegenwärtigt. Kurt Eisner, einer der wenigen Wissenschaftler, der zu Beginn unseres Jahrhunderts die deutschen Napoleonfreunde zu verteidigen suchte, konnte das giftige Gezänk der Antipoden ökonomisch erklären:

Der Gegensatz der französischen und russisch-englischen Partei wurzelt in wirtschaftlichen Interessen. Die Bureaukratie sympathisierte mit dem Bürgertum der Städte, das in seinen intellektuellen Gliedern ohnehin das Land und Volk der Revolution liebte, dessen Händler und Fabrikherren zugleich ihren Absatz und Markt in Frankreich fanden, in der englischen Manufaktur aber und dem englischen Handel ihre gefährlichsten Konkurrenten fürchteten; die ganze gewerblich tätige Bevölkerung ging mit Frankreich. Dagegen waren die Getreide verkaufenden Junker englisch gesinnt, weil sie einen bedeutenden landwirtschaftlichen Export nach England hatten. Aus der Unterbindung des Getreideverkaufs der Ostelbier nach Großbritannien erwuchs der patriotische und nationale Haß gegen den fremden Eroberer.[55]

Waren die publizistischen Streitigkeiten und Intrigen gegen die Franzosenfreunde damals sehr engagiert, so steigerten sich die Diffamierungen und Verunglimpfungen bei der preußischen Historikerzunft ins Groteske. Denn zur Verklärung der Männer von 1813 und zur Anerkennung der preußischen Reformer gesellte sich bald die Verteufelung jener Persönlichkeiten, die es gewagt hatten, auf eine Allianz mit dem Frankreich Napoleons zu pochen. Der permanente Franzosenhaß, die >Erbfeindschaft<, prägte die dem Historismus verpflichteten Werke des 19. Jahrhunderts und blieb teils bis heute bestimmend.[56] Wahrend die Franzosenfreunde verurteilt wurden, wurden die Gegner Napoleons zu Nationalheiligen erhoben. Innerhalb dieses Prozesses müssen auch die Urteile über Massenbach gesehen werden.

Nur ein Autor weigerte sich, in das allgemeine Wehklagen einzustimmen. Eduard Vehse nutzte die gedruckten Memoiren und die Gallerie, um innerhalb seiner voluminösen Geschichte der deutschen Höfe seit der Reformation, deren preußischen Teil er nach der Revolution von 1848 schrieb, manche Anekdote über führende preußische Persönlichkeiten zu übernehmen. Er lobt Massenbach, der nicht wie andere Personen im Jahre 1806, die militärische Macht und Fähigkeit der französischen Soldaten unterschätzte:

Noch immer befand man sich größtenteils in den höheren Kreisen Berlins und im Heere in der alten Täuschung und Überschätzung. Solche Männer waren selten, wie der Oberst Massenbach und der Leutnant Dietrich (nicht Heinrich), Baron Bülow [...]. Männer, die, wenn auch enthusiastisch fühlend und rücksichtslos sich äußernd - Bülow war in Amerika gewesen - doch Gefühl für das Großartige in Napoleons Erscheinung besaßen und die die rechten Mittel zur Rettung angaben.[57]

Sonst aber blieb die Kapitulation von Prenzlau und Massenbachs Einfluß auf seinen Vorgesetzten, den Fürsten von Hohenlohe, Fix- und Ausgangspunkt für die Beschäftigung mit ihm. In diesem Zusammenhang erwähnt ihn der Historiker Ludwig Häusser:

Es war der Oberst Massenbach, dem die kompetentesten Beurteiler Geist, Phantasie, Tätigkeit nicht bestritten, an dem sie aber Takt, sicheres Urteil, Klarheit und Konsequenz, namentlich wo es die Ausführung galt, völlig vermißten. Er hatte das Gepräge eines rastlosen Planmachers, eines raisonnierenden Talentes, das gern die Miene des Alles Überschauenden Genies annimmt, und war zugleich der eigentliche Repräsentant der gelehrt und tiefsinnig klingenden Generalstabsweisheit jener Tage. [...] Dabei war er von dem Wahne betäubt, Preußens Heil sei allein in einer Verbindung mit Napoleon zu suchen, stand also nicht mit dem Herzen bei diesem Kriege; wie seine spätere Schriftstellerei beweist, fehlte ihm auch die Pietät und Anhänglichkeit an den Staat, der sein zweites Vaterland geworden war.[58]

Eingehender, aber auch gehässiger führt Heinrich von Treitschke, dessen Deutsche Geschichte im neunzehnten Jahrhundert zwischen 1879-1894 erschien, Massenbach vor. Angewidert von seiner Schriftstellerei, seinen Verfassungsideen, erwähnt auch er den Einfluß des Obersten auf den Fürsten von Hohenlohe. Der ist nämlich von »dem eitlen Schönredner Massenbach übel beraten«[59] und muß daher versagen. Dann gehöre Massenbach auch zu dem »Schwarm frecher Lästerer«,[60] die geschäftig allen Unrat zusammengetragen hätten, der sich nur irgend in den Winkeln der alten Monarchie hätte finden lassen. Auf Massenbachs Verhaftung in Frankfurt anspielend, verbittet er sich noch nachträglich jede freiheitliche Kritik an dem Senat der Stadt, der doch »uneingedenk der Souveränität seines Staates einen gemeinen Verbrecher ausgeliefert hatte«.[61]

Nach solchen Vorarbeiten konnte auch die erste neuere, dreiseitige Biographie über den Militär nur parteilich ausfallen. In der Allgemeinen deutschen Biographie (1884) weiß aber Poten allerhand Klatschgeschichten mitzuteilen, die er von Massenbachs ehemaligen Feinden von Müffling und von der Marwitz übernommen hat und die darauf abzielen, den Obersten lächerlich zu machen:

...ein geistvoller, genialer Kopf freilich, aber von einer unruhigen, aufreibenden Thätigkeit, verstand er nicht mit Menschen umzugehen; heftig, eitel, rechthaberisch und herrschsüchtig, konnte er liebenswürdig sein, wenn er unbedingter Zustimmung zu seinen Ansichten begegnete; Widerspruch machte ihn grob; seine reichen Kenntnisse verstand er in fließender, formgewandter Redeweise zu verwerthen. Seine Auffassung der politischen Lage Preußens war von schwerwiegendstem Einfluß; noch immer sah er in Napoleon den wahren Erretter und den berufenen Schützer seines Adoptivvaterlandes. Nachlässig im Anzuge, ging er mit der Miene des Denkers einher und liebte es, seine Meinung in Orakelsprüchen kundzugeben. Dabei war er ein schlechter Reiter, dem sein starker, vollblütiger Körper sehr erschwerte zu Pferde zu sein, so daß er auf den Märschen meist fuhr; auch dieser Mangel erschwerte es ihm bei Prenzlau sehr, die Wahrheit zu ergründen.[62]

Die Parteilichkeit Potens wird deutlich, wenn er zwei andere Kurzbiographien, die zu Beginn des Jahrhunderts erschienen und die informativ genug sind, pauschal ablehnt, weil sie »ein ganz verkehrtes Bild«[63] des geschmähten Mannes zeichneten.

Als Max Lehmann 1886/87 eine zweibändige Würdigung des Heeresformers Scharnhorst vorlegte, konnte er nicht umhin, auch Massenbach zu erwähnen. Die Recherchen sind detailliert, das Urteil eindeutig: »Es ist eine der fürchterlichsten Aufgaben, zu welcher der Geschichtsschreiber dieser Periode sich verurteilt sieht, die >Ausführlichen, mit aller Freimütigkeit geschriebenen Memoiren des Obristen von Masseribach< durchzuackern, vergleichbar nur der Lektüre der Denkschriften seines guten Freundes Ancillons: das Unbehagen, welches der Leser empfindet, streift nahezu an körperlichen Schmerz.«[64] Komisch wirkt dann Lehmanns folgendes statement: »Dabei bleibt leider wahr, daß der Mann keineswegs abstoßend wirkte. Wenn er, ausgestattet mit der den Oberdeutschen so wohl anstehenden Beredsamkeit, aus seinem Munde Theorien und Kritiken ergehen ließ, die eine immer unfehlbarer als die andere, so horchte ihm jeder gern zu.«[65] Lehmann war aber zu >wissenschaftlich<, um nicht auch klar und deutlich zu sagen, warum er diesen >Spätjakobiner< verurteilte. In einer hämischen Kritik der frankophilen Publizisten geht er auch auf die Bedeutung Massenbachs in diesem publizistischen Kampf (1806-180S) ein: »Durch eine innere Wahlverwandtschaft getrieben, erhoben sie Massenbach auf den Schild: war er doch stets ein Anwalt der französischen Allianz gewesen; glich er doch ihnen an Tadelsucht; schwärmte auch er für eine Constitution nach französischem Muster, welche den dritten Stand über den Adel erheben sollte.«[66]

Lehmanns Antipathie gegenüber Massenbach ist übrigens nicht nur aus politischen Gründen zu erklären. Der Historiker identifizierte sich so mit Scharnhorst, daß er auch Scharnhorsts Feind - und das war Massenbach - nicht mehr gerecht einzuschätzen verstand: »Nichts kann verschiedener sein, als die Art, wie Massenbach und Scharnhorst auf ihre Umgebung wirkten. Der rasche und redegewandte Franke blendete, wohin er auch kam, und nur Schritt für Schritt erkannte man die Dürftigkeit und Verwirrung seines Hirns; der nüchterne und langsame Niedersache hatte Mühe, sich geltend zu machen.«[67]

Die Eigenheit, Massenbach mit den Augen seiner damaligen Kontrahenten zu sehen, kennzeichnet auch die Monographie Hermann Hueffers über Johann Wilhelm Lombard. Es ist eine der wenigen Arbeiten, die es sich zur Aufgabe machte, einer bisher sehr umstrittenen Persönlichkeit der preußischen Geschichte gerecht zu werden. Gegenüber einem Wust von Verleumdungen zu einem ausgewogenem Urteil zu kommen, machte Hueffer zu schaffen. So mußte der Verfasser in seinem Vorwort gestehen, daß sein Held in der Historiogrophie des 19. Jahrhunderts keinen Beifall erhaschen Konnte: »Nicht allein seine politischen Grundsätze, sondern auch seine Persönlichkeit, seine Sitten, sein Charakter wurden in der härtesten Weise beurteilt; Bezeichnungen wie >frivoler Wüstling, entnervter Roué, leerer Dichterling, windiger Halbfranzose< wiederholen sich in neueren wie in älteren Schriftwerken.«[68] Im Zusammenhang mit Lombard widmet sich Hueffer erstmals sehr ausführlich der kritischen Publizistik nach 1806 und beurteilt sie sachlicher, als es bisher üblich war. Immerhin bescheinigt er etwa den Vertrauten Briefen über die inneren Verhältnisse am Preußischen Hofe des schon erwähnten Cölln einen gewissen Quellenwert.[69] Allerdings gilt dies Wohlwollen nicht für Massenbach. Der hatte nämlich Lombard in arge Verlegenheit durch ein Sendschreiben gebracht und ist daher auch für Hueffer passé: »Aber wenn das Unglück edle, kräftige Naturen stählt und erhebt, so brachte es bei Massenbach den Grundzug seines Wesens, eine eitle Selbstsucht, welcher nichts heilig war, und eine niedrige Gesinnung, die vor dem Gemeinsten nicht zurückbebte, zur nackten Erscheinung.«[70]

Als 1906 der marxistische Schriftsteller Franz Mehring seine Sicht des vor hundert Jahren erfolgten Niedergangs des preußischen Staates darlegte, formulierte er Wendungen und Einschätzungen über die »Junkerklasse«, die Massenbachs Äußerungen, wenn auch verschieden in der Diktion, sehr ähnlich sind. Nur wußte er nicht, daß dieser von ihm gebeutelte Mann Munition in seinem Sinne geliefert hatte. So kann er auch nur die Historiographie nachbeten und sich im Sinne Lehmanns über den ersten kritischen Geschichtsschreiber jener Zeitepoche äußern: »Die bekanntesten Generalstäbler vor Jena waren der Württemberger Massenbach und der Hannoveraner Scharnhorst. Massenbach war auf der Karlsschule in Stuttgart erzogen worden, wo er nicht viel Kriegskunst und Kriegswissenschaft lernen konnte; begabt mit glücklichen Schwadroniertalenten, blieb er doch immer ein luftiger Phantast, der gleichermaßen für König Friedrich und Bonaparte schwärmte. Von ganz anderem Schlage war Scharnhorst, verschlossen, wortkarg....«[71]

Das hundertjährige Jubiläum des Jahres 1813 war Anlaß, den militärischen Geist Preußens zu verherrlichen urid das Nationalbewußtsein zum nächsten Krieg vorzubereiten. Es schwoll eine >historische< Literatur heran, die kaum noch zu übersehen ist.[72]

Der Regierungs- und Schulrat Walther Tomuschat, der wie andere Autoren das Jahr 1813 zum Anlaß nahm, auch die Vorgeschichte des Ereignisses zu berücksichtigen, konnte das Jubiläumsjahr kaum erwarten und veröffentlichte daher schon 1911 eine Schrift, deren Trivialität und Preußenbegeisterung zeigt, wie man Geschichtsschreibung zu massiven Propagandazwecken benutzen konnte.

Auf der Suche nach Sündenböcken für Preußens Untergang stieß er auch auf Massenbach und den Fürsten Hohenlohe. In der Kapitulation von Prenzlau sah er »das traurigste Ereignis unserer ganzen preußischen Geschichte«.[73] Hohenlohe wird vorgeworfen, daß er Massenbach nicht entließ und selbst ohne Bedenklichkeiten den Heldentod suchte: »Im vorliegenden Falle entehrte darum der Feldherr durch seine schimpfliche Kapitulation nicht nur sich selbst, sondern fügte dem Vaterland eine Schmach zu, die zwar durch die Taten von 1813 überreichlich gesühnt worden ist, aber nicht mehr aus den Blättern der preußischen Geschichte entfernt werden kann, die heute noch jedem Patrioten schmerzlich auf der Seele brennt, und auf die heute noch unsere Feinde mit hämischer Schadenfreude hinweisen. Was bedeutet dagegen das Leben von einigen Hunderten oder auch von tausend Soldaten.«[74] Über Massenbach selbst heißt es: »Seine an sich ganz achtbaren Fähigkeiten wurden durch seine übermäßig starke Phantasie derart verwirrt, daß er den Maßstab für die wirklichen Verhältnisse verlor und damit zur Lösung praktischer Aufgaben so gut wie unfähig wurde.«[75] Es sei noch erwähnt, daß Tomuschat solchen Draufgängern wie dem Generalleutnant von Rüchel und dem Prinzen Louis Ferdinand - »eine der bedeutendsten Persönlichkeiten aus der militärischen Umgebung des Königs«[76] - vollen Respekt zollte.

Von solchen Manipulationen war die nächste Veröffentlichung von Paul Schreckenbach weit entfernt. Rüchel ist ihm ein ungebildeter Patron und auch Louis Ferdinands Treiben wird schonungslos aufgedeckt. Trotz dieser Unterschiede sind sich beide Autoren über Massenbach einig, oder vielmehr ist Schreckenbach in seinem Urteil noch schärfer. So nennt er den Generalquartiermeister »einen Querkopf erster Klasse«[77] und über dessen Einfluß auf Hohenlohe äußert er: »So befand sich denn das Hohenlohische Korps in Wahrheit unter der Leitung eines Halbverrückten, denn so und nicht anders muß den Oberst jeder nennen, der seinen im September 1806 dem Könige überreichten Operationsplan kennt.«[78]

1924 erschien die erste und einzige ausführliche Biographie über den Wahlpreußen. Arno Schmidt schrieb 1949 selbst über den Wert der Arbeit des Historikers und Oncken-Schülers Ludolf Gottschalk von dem Knesebeck:

Stilistisch ist das Buch unbeachtlich, und an intimen biographischen Details so arm, daß selbst das Biogramm der >Allgemeinen deutschen Biographie< oft mehr bietet; ungewöhnlich dagegen, selbst vom borniert-preußischen Standpunkt aus, ist die verächtliche, kalt historisch-medizinisch aufgeputzte Animosität des Verfassers gegen Massenbach. Gutes und Entlastendes verschweigt er, wo er kann; dabei sind selbst die gedruckten Quellen nachlässig benützt - er kennt z. B. Fouqués Autobiographie und das ganze Verhältnis mit seinen menschlich so warmen und literaturgeschichtlich so bedeutsamen Einzelheiten gar nicht. Das Detail ist vielfach unzuverlässig und falsch. Vor allem aber ist die zentrale Stellung des doch immer wieder so erschütternd eindringlich ausgesprochenen Europagedankens bei Massenbach, sowie dessen logisch hierin begründete Grundhaltung: für Frankreich; gegen Rußland - überhaupt nicht gesehen und erkannt.[79]

Arno Schmidts Urteil ist berechtigt. In der Tat beachtet Knesebeck, der Massenbachs Rolle bei Jena und Prenzlau genau rekonstruiert - fast ein Drittel seines Buches ist diesem Problem gewidmet, - die politischen Schriften des Obersten nur am Rande. Unverständlich ist auch die Diskrepanz zwischen eingesehenen Archivalien und deren Auswertung. Obgleich Knesebeck in über einem Dutzend von Archiven geweilt zu haben scheint, bietet er in seiner Darstellung nicht mehr als eine Aufzählung von Fundstellen. Hier allerdings liegt auch der Wert der Arbeit. Jeder neue Versuch, Christian von Massenbach gerecht zu werden, wird Knesebecks bibliographische Kleinarbeit als Grundlage und Ausgangspunkt für eine wissenschaftliche Untersuchung heranziehen müssen. Das Urteil des Historikers ist gegenüber den bisher genannten Einschätzungen wohlwollend:

Einer von denen, die schon frühzeitig die Reformation des preußischen Staates durchsetzen wollten, war der Oberst Christian von Massenbach. In einzelnen Punkten sah er klar die Mängel des Staatsorganismus. Er war aber zu fest in seiner Zeit verwurzelt, und es fehlte ihm die Kraft des Genies, um seine guten Ideen in die Tat umzusetzen; ebenso die Fähigkeit, sich den neuen Gedanken völlig hinzugeben.[80]

Der Massenbach-Forscher erkennt nur dessen Leistung bei der Reformierung des Generalquartiermeisterstabes an: »Hier spannte er alle Kräfte an und glaubte, dadurch seinen höchsten Zielen näher zu kommen; hier schuf er eine bleibende Leistung.«[81]

Die Hatz gegen den Militär erreichte noch einmal einen Höhepunkt. Denn Otto Tschirch legte 1933 ein Standardwerk vor, dessen Detailkenntnis und dessen Fleiß besticht, dessen Preußenbegeisterung und dessen konsequente Ablehnung der Ideen der Französischen Revolution aber heute nur noch schwer zu verstehen sind. Da nun aber Tschirch jeden, der mit den welschen Ideen liebäugelte, verdammte, so ist seine Aussage, Massenbach sei »eine der widerwärtigsten Erscheinungen in der Geschichte der öffentlichen Meinung Preußens«[82] für den Obersten fast eine Ehre. Tschirchs Buch hat den Vorteil, daß zum einen Massenbachs Schriften genau analysiert werden und zum andern deutlich wird, daß er keineswegs allein auf eine Allianz mit Frankreich aus war.

Auch nach dem zweiten Weltkrieg änderte sich nicht viel an der Einschätzung Massenbachs. Willy Andreas wiederholte die altbekannten Stereotypen, ohne Einschränkung.[83] Es blieb dem französischen Forscher Jacques Droz (1966) vorbehalten, Massenbachs Wirken und Ideen ohne gehässige Attribute zu skizzieren: »Ce brillant officier, qui était passé du service du Wurtemberg à celui de la Prusse, admirateur de Fredéric II ainsi que de la Revolution française, était l`un de ces nombreux >patriotes< qui avaient pensé que la Prusse dévait utiliser l`alliance française....«[84] Wenn Massenbach seitdem kaum mehr erwähnt wurde und seine Schriften als Quelle nicht genutzt wurden, so resultiert dies keineswegs aus einer konservativen Tendenz der Geschichtsschreibung. Im Gegenteil. Nachdem man haarklein die geschichtliche Bedeutung einzelner Könige, Prinzen, Räte und Militärs dargelegt hatte, konnte es nicht mehr darum gehen, Geschichte aus der Perspektive einzelner Führungskräfte darzustellen. Wesentlicher war und ist es, mit wirtschaftlichen und sozialgeschichtlichen Kriterien Strukturen Preußens aufzudecken.[85]

Eine wertvolle Biographie über einen Zeitgenossen Massenbachs, den Prinzen Louis Ferdinand von Preußen, schrieb auch daher kein Hochschulhistoriker, sondern der Schriftsteller Eckart Kleßmann. Über Massenbach heißt es: »Christian von Massenbach, Württemberger im preußischen Generalstab, war ein angesehener, wenngleich umstrittener Mann. Er war nicht untalentiert, machte aber seine Begabung selbst zunichte durch eine maßlose Selbstüberschätzung und eine fast schon neurotische Lust, alles und jedes festzuhalten und ausgiebig zu kommentieren. In unserem Fall ist das ein Glück.«[86]

Was Kleßmanns Werk von bisherigen Biographien zum Themenkreis unterscheidet, ist u. a. die Suche und Verwendung entlegener Archivalien. Kleßmann ist daher einer der ganz wenigen Historiker, der sich die Mühe machte, die ungedruckten Memoiren Massenbachs im Archiv zu Merseburg einzusehen und als Quelle ernst zu nehmen. Wie zäh sich die negative Beurteilung Massenbachs auch heute behauptet, zeigen Veröffentlichungen, die im Zusammenhang mit einem neuen Preußen-Boom stehen. Selbst ein sonst so kritischer Autor wie Bernt Engelmann würdigt zwar etwa Hans von Held, erkennt aber nicht Massenbachs wirkliche Bedeutung.[87] Siegfried Fiedler, der in einem Handbuch noch einmal unter kriegsgeschichtlichem Aspekt diese Epoche der preußischen Geschichte vorstellt, bereichert dagegen noch einmal unseren Zitatenschatz. Fiedler erkennt zwar an, daß die Neuorganisation des Generalquartiermeisterstabes durch Massenbach, einem Manne, »der sonst nur Unheil gestiftet hat«[88], initiiert worden sei. Aber: »Dafür gab es gerade in den oberen Rängen einen regelrechten Bildungsklüngel, der wie Massenbach und Rüchel [sic] sehr konfuse, von schwülstiger Sprech-, Schreib- und Denkweise durchsetzte Lehren erteilte und Leute vom schlichten Verstande nur abstoßen konnte.«[89] Und auch der Einfluß des Militärs auf seinen Vorgesetzten Hohenlohe bei Jena und Auerstedt erhält eine sprachliche Variante. Massenbach habe über den Fürsten die Oberhand gewonnen: »Diesen geschwollen daherredenden Spintisierer der Kriegswissenschaft hat das Schicksal Europas auch auf dem Rückzuge mehr beschäftigt als die schlimme Lage der Armee. Unentwegt bedrängte er seinen Oberbefehlshaber, dafür zu sorgen, daß die Allianz mit Rußland nicht zustandekomme, denn das Heil liege jetzt allein im Bündnis mit Frankreich.«[90]

Wenn die Preußen-Renaissance durch die Ausstellung in Berlin 1981 einen vorläufigen Höhepunkt erreichen wird und wenn schließlioh 1986 des Todes Friedrich II. gedacht wird, sollten auch die ungedruckten Memoiren Massenbachs vorliegen. Sie könnteri dazu beitragen, die Preußen-Nostalgie etwas zu dämpfen.

 



[1] (Friedrich Buchholz): Gallerie Preussischer Charaktere. Germanien ( = Berlin: Zander) 1808, 607 (zitiert nach dieser Neuausgabe).

[2] Robert Uhland: Geschichte der Hohen Karlsschule in Stuttgart. Stuttgart: Kohlharnmer 1953, (Darstellungen aus der württembergischen Geschichte,

   Bd. 37), 124.

[3] Julius Hartmann: Schillers Jugendfreunde. Stuttgart – Berlin: Cotta 1904, 78.

[4] Zu Nicolai vgl. Uhland, 45 – 53 und passim; ferner die Widmung in Massenbachs „Historischen Denkwürdigkeiten“.

[5] Vgl. (Christian von Massenbach: Rückerinnerungen an große Männer. Amsterdam: Kunst- und lndustrie-Comptoir 1808, 96.

[6] Massenbach, Rückerinnerungen, 9.

[7] Zit. nach Hans Wahl: Prinz Louis Ferdinand von Preußen. Weimar: Kiepenheuer 1917, 151.   Vgl. auch Eckart Kleßmann: Prinz Louis Ferdinand von Preußen (1772-1806). Gestalt einer Zeitwende. München: List 1972, 113 – 114.

[8] Vgl. etwa Arthur Chuquet: Les guerres de la Revolution. 7 Bde. Paris 1886-92; Johannes Ziekursch: Zur Geschichte des Feldzuges in der Champagne, in:   Forschungen zur brandenburgischen und preußischen Geschichte 47, (1935), 20-77.

[9] (Christian von Massenbach): Memoiren über meine Verhältnisse zum Preußischen Staat und insbesondere zum Herzog von Braunschweig. Amsterdam:

   Kunst- und Industrie-Comptoir 1809, 1. Bd., 94 – 95; zur Kontroverse über eine mögliche Beeinflussung Goethes durch Massenbach vgl. Gustav Roethe:

   Goethes Campagne in Frankreich 1792. Eine philologische Untersuchung aus dem Weltkriege. Berlin: Weidmann 1919, 167 – 168.

[10] (Christian von Massenbach): Betrachtungen über die Feldzüge Oesterreichs und Preußens gegen Frankreich. o. O. 1795, 109.

[11] (Georg Friedrich Willibald Ferdinand von Cölln): Vertraute Briefe über die inneren Verhältnisse am Preußischen Hofe seit dem Tode Friedrich II.

     Amsterdam – Cölln: Peter Hammer 1807, 2. Bd., 143.

[12] Es handelt sich um den Brief vom 19. Dezember 1805 aus Zwickau an die Prinzessin Louise. Vgl. Wahl, 269-271.

[13] Zit. nach Wahl, 360 – 363.

[14] Franz Mehring schreibt dazu: „Es ist unmöglich und heute auch ohne jedes Interesse, diese gegenseitigen Zänkereien darzustellen oder die Kreuz- und

     Querzüge zu schildern, die sie zur Folge hatten. Um so weniger als es historisch zu einer völlig falschen Auffassung führt, wenn man die letzten

     Todessprünge des längst dem Tode geweihten Opfers als die eigentlichen Ursachen seines Todes ansehen wollte. Wären Braunschweig, Hohenlohe

     und Massenbach jeder mit dem dreifachen Genie des alten Fritz gesegnet gewesen und hätten sie alle drei in holdester Harmonie gehandelt, so wäre

     es eben das gewesen,“ Franz Mehrinq: Jena und Tilsit. Ein Kapitel ostelbischer Junkergeschichte (1906), in: F.M.: Gesammelte Schriften. Bd. 6.

     Berlin/DDR: Dietz 1976, 114.

[15] (Johann Wilhelm Lombard): Materialien zur Geschichte der Jahre 1805, 1806 und 1807. Seinen Landsleuten zugeeignet von einem Preußen. Frankfurt Leipzig: Nicolai 1808, 216.

[16] Ludolf Gottschalk von dem Knesebeck: Das Leben des Obersten Christian Ludwig August Reichsfreiherrn von und zu Massenbach. Leipzig: Baustein o. J. (Vorwort 1924), 137 – 138.

[17] (Christian) von Massenbach: Betrachtungen und Aufschlüsse über die Ereignisse der Jahre 1805 und 180G. Frankfurt – Leipzig: 1808, 12.

[18] Massenbach, Betrachtungen (1808), 16.

[19] Massenbach, Betrachtungen (1808), 140.

[20] (Christian) von Massenbach: Drei Sendschreiben an die Herren Generallieutenants von Blücher und Rüchel und an den Geheimen Cabinetsrath Herrn Lombard. Nebst dessen Erklärung über das Buch: Gallerie Preussischer Charaktere. Frankfurt – Leipzig: 1808, 28.

[21] Zum direkten Echo der ‚Gallerie’ vgl. Herman Granier (Hg.): Berichte aus der Berliner Franzosenzeit. 1807 – 1809. Leipzig: Hirzel 1913, (Publikationen aus den K. Preuss. Staatsarchiven, Bd. 88), 120, 137 – 138, 140, 142. Die letzte Textstelle erwähnt z. B., daß die »Gallerie« in Paris „bei nicht weniger als sechs Verlegern“ erschien.

[22] (von Cölln): Intelligenzblatt zu den Neuen Feuerbränden. Leipzig: Gräff 1808, Nr. 2.

[23] Cölln, Intelligenzblatt, Nr. 2.

[24] Cölln, Intelligenzblatt, Nr. 2. Gegenüber dem Pragmatiker Massenbach hat Buchholz doch mehr die Forschung beschäftigt; vgl. Kurt Bahrs: Friedrich Buchholz. Ein preußischer Publizist, 1768-1843. Berlin 1907, (Historische Studien 57), Reprint Vaduz: Kraus 19G5;

Hans Gerth: Friedrich-ßuchholz. – Auch ein Anfang der Soziologie, in: Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft 110, (1954), 665- 692.

Jörn Garber (Hg.): Revolutionäre Vernunft. Texte zur jakobinischen und liberalen Revolutionsrezeption in Deutschland 1789 – 1810. Kronberg/Taunus:

Scriptor 1974, 213 – 220.

[25] Zit. nach Hermann Hueffer: Die Kabinetsregierung in Preußen und Johann Wilhelm Lombard. Ein Beitrag zur Geschichte des preußischen Staates vornehmlich in den Jahren 1797 bis 1810. Leipzig: Duncker und Humblot 1891, 305.

[26] Vgl. Kurt Bahrs; auch Max Lehmann: Scharnhorst. 2 Bde. Leipzig: Hirzel 1886-1881, hier Bd. 1, 536-538.

[27] Vgl. Hueffer, 361-368.

Zu Held: K.A. Varnhagen von Ense: Hans von Held. Ein preußisches Karakterbild. Leipzig: Weidmann 1845. Varnhagen geht in seiner Biographie auf zwei unveröffentliche Schriften ein, die Held, unzufrieden mit der ‚Gallerie’, schrieb. Held ging dabei weit über die ‚Gallerie’ hinaus, so daß selbst Varnhagen nur ihre Tendenz anzugeben wagte. Diese ist eindeutig. Schrieb doch Held (Varnhagen von Ense, 201): „Ginge ich darauf aus, denen, die mir jetzt noch schaden können, wie wohl auch der Rest ihrer Macht bald dahin sein wird, zu gefallen, so wäre es mir ein Leichtes gewesen, meinen Ton zu mildern und die strengen Wahrheiten wegzulassen...

Allein theils ist mir alles Halbe unleidlich, theils enthält die Größe meines Unglücks selbst den Grund, warum es mir gar nicht schwer wird, alles zu wagen und im höchsten Grade dreist zu sein.“ Varnhagen steht den Franzosenfreunden kritisch gegenüber: „Wirklich eine Flut war es zu nennen, was nur an Druckschriften heranschwoll; der schamlose Kriegsrat von Cölln machte durch seine ‚Vertrauten Briefe’ und ‚Feuerbrände’ den Anfang zur rücksichtslosen Aufdeckung aller Gebrechen und Schwächen des Staats; nicht so gemein, aber doch ungehörig und voreilig, schrieb Friedrich Buchholz, der seine politischen Abstraktionen mit der siegenden Sache zu verbinden suchte und nun, hinter dem Siege her, mit seiner Weisheit leicht prunken konnte; die unermüdliche Feder des Obersten von Massenbach bereitete ebenfalls manches Ärgernis. Am ärgsten trieb es ein feiler, dem französischen Interesse verkaufter Schreiber namens Lange, der ein neues Blatt, ‚Der Telegraph’ genannt, herausgab, worin nicht nur alle Ereignisse feindlich und hämisch zum Nachteil Preußens erzählt, sondern auch die gehässigsten persönlichen Schmähungen, selbst gegen die unglückliche hochverehrte Königin ausgestoßen wurden, so daß das Volk darüber in Wut geriet und der Zeitungsschreiber und sein Laden oftmals durch französische Wache geschützt werden musste.“

Karl August Varnhagen von Ense: Denkwürdigkeiten des eigenen Lebens. Bd. 1. Berlin/DDR: Rütten & Loening 1971, 200.

[28] Massenbach, Drei Sendschreiben, 3 – 4.

[29] Massenbach, Drei Sendschreiben, 29.

[30] Massenbach, Drei Sendschreiben, 29.

[31] Massenbach, Drei Sendschreiben, 63.

[32] Massenbach, Drei Sendschreiben, 13.

[33] Vgl. oben Anm. 7 und Hueffers Kapitel über die ‚Materiaux’, I. Bd., 369 ff.

[34] Massenbach, Drei Sendschreiben, 24.

[35] Massenbach: Betrachtungen (1808), VII.

[36] Das Buch erschien 1808 in F. A. Brockhaus’ Kunst- und Industrie-Comptoir in Amsterdam.

[37] Massenbach, Rückerinnerungen, 15.

[38] Vgl. (von Cölln): Neue Feuerbrände zum brennen und leuchten. Herausgegeben von dem Verfasser der vertrauten Briefe. Berlin 1808, 16. Heft. Dort werden schon Memoiren, und Denkwürdigkeiten propagiert – auch die 1808 erschienenen Rückerinnerungen: „Das Kunst- und Industrie-Comptoir in Amsterdam macht das Publikum vorläufig aufmerksam auf folgende drei wichtige historische Werke, welche zur Leipziger Michaelis-Messe dieses Jahres 1808, im Verlage dieser Buchhandlung erscheinen werden.“

[39] Massenbach, Memoiren, XVII.

[40] Knesebeck (s. Anm. 16), 148.

[41] Zit. nach Knesebeck, 150.

[42] Knesebeck, 151.

[43] Die Constitutionen der europäischen Staaten seit den letzten 25 Jahren. 2. Teil. Leipzig und Altenburg: Brockhaus I817, 220.

[44] Christian von Massenbach: An alle teutschen Männer. Heidelberg: 1817, 13.

[45] Massenbach, An alle teutschen Männer, 33-34.

[46] Vgl. Christian von Massenbach: An alle teutschen Männer. Zweytes Schreiben. Teutschland im Jahr 1817, 50.

[47] (anonym), Christian, Freiherr v. Massenbach; in: Neuer Nekrolog der Deutschen, Ilmenau: Voigt 1829, 981.

[48] Massenbach, An alle teutschen Männer, Zweytes Schreiben, 55.

[49] Zit. nach Knesebeck, 111.

[50] Knesebeck, 175.

[51] Zit. nach Knesebeck, 188 – 89.

[52] Nekrolog, 983.

[53] Knesebeck, 195.

[54] Arno Schmidt: Müller/oder vom Gehirntier, in; A.S.: Belphegor. Nachrichten von Büchern und Menschen. Karlsruhe: Stahlberg 1961, 114 – 178, hier 145; Taschenbuch: A.S.: Tina/oder über die Unsterblichkeit. Frankfurt a.M. - Hamburg: Fischer 1966, (FTB 755), 51-88, hier 69.

[55] Kurt Eisner: Das Ende des Reichs. Deutschland und Preußen im Zeitalter der großen Revolution, Berlin: Vorwärts 1907, 227.

[56] Zur allgemeinen Problematik vgl. etwa Georg G. Iggers: Deutsche Geschichtswissenschaft. Eine Kritik der traditionellen Geschichtsauffassung von Herder bis zur Gegenwart. München: DTV 1971, (dtv-WR 4059); Manfred Asendorf (Hg.): Aus der Aufklärung in die permanente Restauration. Geschichtswissenschaft in Deutschland. Hamburg: Hoffmann & Campe 1974.

[57] Eduard Vehse: Preussische Hofgeschichten. Neu herausgegeben von Heinrich Conrad. Bd. IV. München: Müller 1913, 207.

[58] Ludwig Häusser: Deutsche Geschichte vom Tode Friedrichs des Großen bis zur Gründung des deutschen Bundes.2. Bd., Vierte unveränderte Auflage. Berlin: Weidmann 1869, 730-731.

[59] Heinrich von Treitschke: Deutsche Geschichte im Neunzehnten Jahrhundert. 5 Bde. Leipzig: Hirzel 1928, hier 1. Bd., 240

[60] Treitschke, I. Bd., 289.

[61] Treitschke, 2. Bd., 403.

[62] Poten: Massenbach, Christian Karl August Ludwig von, in: Allgemeine deutsche Biographie, 20. Bd., 1884, 566.

[63] ADB, 20. Bd., 567.

[64] Lehmann (s. Anm. 26), I. Bd., 419 – 420.

[65] Lehmann, 1. Bd., 420.

[66] Lehmann, 2. Bd., 5.

[67] Lehmann, 1. Bd., 420 – 421.

[68] Hueffer (s. Anm. 25), IV.

[69] Hueffer, 347.

[70] Hueffer, 366.

[71] Mehring (s. Anm. 14), 92.

[72] Erwähnt sei etwa: Leipziger Lehrerverein (Hg.): Im Kampf um Freiheit und Vaterland 1806 – 1815. Leipzig: Hahn 1913;

Ernst Müsebeck: Gold gab ich für Eisen. Deutschlands Schmach und Erhebung in zeitgenössischen Dokumenten, Briefen, Tagebüchern aus den Jahren 1806 – 1815. Berlin – Leipzig – Wien – Stuttgart: Bong 1913;

Karl Berger: Freiheit. Stimmen aus der Zeit deutscher Wiedergeburt vor hundert Jahren. Leipzig: Meulenhoff 1913; usw.

 

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde diese Tradition von der DDR-Forschung fortgesetzt: Friedrich Donath, Walter Markov (Hg.): Kampf um Freiheit.

Dokumente zur Zeit nationaler Erhebung 1789 – 1815. Berlin: Vlg. d. Nation 1954; Gerhard Steiner, Manfred Häckel (Hg.): 1813. Ein Lesebuch für unsere Zeit. Weimar: Volksverlag 1959. In dem genannten Werk wird die franzosenfreundliche Publizistik und speziell Massenbach nicht erwähnt.

Vgl. aber demgegenüber: Hans-Dietrich Dahnke, Thomas Höhte, Hans-Georg Werner u.a.: Geschichte der deutschen Literatur 1789 bis 1830. Berlin/DDR: Volk und Wissen 1978, (Geschichte der deutschen Literatur von den Anfängen bis zur Gegenwart, 7. Bd.), dort wird Massenbaoch gewürdigt: „Nach 1806 übernahm der preußische Generalstabsoffizier Christian Freiherr von Massenbach (1758-1827) Bülows politische Ansichten und kritisierte wie dieser das alte Preußentum. Er war wie Bülow mit Buchholz befreundet, von Berenhorsts ‚Betrachtungen über die Kriegskunst’ und den Ideen der französischen Aufklärung angeregt worden. Von Frankreichs Überlegenheit und Fortgeschrittenheit überzeugt, drang er vergeblich auf ein Bündnis mit Napoleon gegen Rußland.“, 591.

[73] Walter Tomuschat (Hg.): Preußen und Napoleon I. Ein Jahrzehnt preußischer Geschichte. Jubiläumswerk. 2 Bde. Leipzig: Dürr 1911, hier 1. Bd., 148.

[74] Tomuschat, 1. Bd., 154.

[75] Tomuschat, 1. Bd., 31.

[76] Tomuschat, 1. Bd., 33.

[77] Paul Schreckenbach: Der Zusammenbruch Preußens im Jahr 1806. Eine Erinnerungsgabe für das deutsche Volk. Jena Diederichs 1913, 41.

[78] Schreckenbach, 42.

[79] Schmidt, Belphegor, 452.

[80] Knesebeck, 9.

[81] Knesebeck, 35.

[82] Otto Tschirch: Geschichte der öffentlichen Meinung in Preußen im Friedensjahrzehnt vom Basler Frieden bis zum Zusammenbruch des Staates (1795 – 1806). 2 Bände. Weimar: Böhlau 1933/34, Hier 2. Bd., 378.

[83] Vgl. Willy Andreas: Das Zeitalter Napoleons und die Erhebung der Völker. Heidelberg: Quelle & Meyer 1955, 357.

[84] Jacques Droz: Le romantisme allemand et l’Etat. Resistance et collaboration dans l'Allemagne napoleonienne. Paris: Payot 1966, 107.

[85] Vgl, etwa Henri Brunschwig: Gesellschaft und Romantik in Preußen im 18. Jahrhundert. Die Krise des preußischen Staates am Ende des 18. Jahrhunderts und die Entstehung der romantischen Mentalität. Frankfurt a. M.: Ullstein 1976. (Das Werk des französischen Forschers erschien erstmals in französischer Sprache 1947); Reinhard Kosellek: Preußen zwischen Reform und Revolution. Allgemeines Landrecht, Verwaltung und soziale Bewegung von 1791 bis 1848. Stuttgart: Klett 1967; Otto Büsch: Militärsystem und Sozialleben im alten Preußen, 1713 – 1807. Berlin: de Gruyter 1962.

[86] Kleßmann (s. Anm. 7), 105 – 106.

[87] Vgl. Bernt Engelmann, Preußen – Land der unbegrenzten Möglichkeiten, München: Bertelsmann 1978, 61. Engelmann ist für den hier betreffenden Zeitraum von den Forschungen Walter Grabs beeinflußt. Grab hat mit seiner Monographie „Saul Ascher, Ein jüdisch-deutscher Spätaufklärer zwischen Revolution und Restauration, in: Jahrbuch des Instituts für Deutsche Geschichte, 6. Bd., Tel Aviv 1977, 81-179“ einen preußischen Napoleonfreund detailliert gewürdigt.

[88] Siegfried Fiedler: Grundriß der Militär- und Kriegsgeschichte. 3. Bd. Napoleon gegen Preußen. München: Schild 1978, 61.

[89] Fiedler, 68.

[90] Fiedler, 119.