NACHWORT VON HANS-WERNER ENGELS
Christian von Massenbach
Notizen zu einem vergessenen Preußen Teil I & II
Legen Sie auf Ihren Tisch zu
Hause diesen Zettel: Christian von Massenbach! Daß Sie nicht vergessen!! -
Heute ist ein Massenbachtag. Und 1958 müssen Sie das Massenbachjahr feiern;
oder besser trauern: denn `s ist zu spät! Und damit Sie nimmermehr aufhören,
Europa zu beweinen und Massenbach, sollen Sie`s sehen und hören, wie stumpfe
Bürger und ein stumpfer Staat das große Europa verhinderten und Massenbach
lohnten! Bis heute: Denn auch Sie kennen ihn nicht. Vergessen ist er: bis
Heute: das kann nicht sein, das kann nicht sein! Sie müssen Alles wissen; damit
Sie künftig ehrfürchtig nicken können, wenn Sie den Namen hören, ...
Arno
Schmidt, Massenbach / Historische Revue
Es
gibt Biographien, die nichts außer jenen Fakten und Ereignissen enthalten, die
sich in jedem menschlichen Schicksal spiegeln. Der Held ist - was seine äußeren
Lebensdaten angeht - nicht mehr und nicht weniger als einer von Vielen. Lesenswert
wird die Schilderung seines Lebens allein durch die innere Biographie, die dann
allerdings oft aufregender ist, als es die abenteuerlichsten Ereignisse, die
verhängnisvollsten Verstrickungen sein können. Wer einmal eine Biographie über
Christian Ludwig August Reichsfreiherrn von und zu Massenbach schreiben will,
wird weder über den Mangel an >Abenteuern< noch das Fehlen von Ideen bei
dem Reichsfreiherrn klagen können. Vielleicht wird er sogar ein Werk schreiben,
das eine Epoche der deutschen Geschichte - die Zeit der französischen
Revolution und Napoleons - aus einer neuen, bislang vernachlässigten
Perspektive darstellt.
Massenbach wurde am 16.
April 1758 als zweiter Sohn des Oberforstmeisters Georg Wilhelm von Massenbach
in Schmalkalden am Rande des Thüringer Waldes geboren. Er war ein Sproß einer
altehrwürdigen reichsritterlichen Familie, die sich im 12. Jahrhundert in
Schwaben angesiedelt hatte. Über seine Kinderjahre berichtet sein erster
Biograph Friedrich Buchholz: »Er erreichte sein zehntes Jahr, ohne lesen und
schreiben zu können. Die Jagd war bis dahin sein größtes Vergnügen; er entsagte
ihr aber, als er einmal in der Abenddämmerung, beim Abschießen seiner Flinte,
das Unglück hatte, seinen väterlichen Oheim schwer zu verwunden. Von diesem
Augenblick an, suchte er sich der langen Weile dadurch zu entziehen, daß er
Antheil an den Unterweisungen seiner älteren Geschwister nahm.[1]
Unterrichtet wurden die
Kinder von einem Studenten aus Heidelberg, den der Vater als Hofmeister
angestellt hatte.
Seit 1770 besuchte er eine
Pensionsanstalt in Ludwigsburg und dann das Militärwaisenhaus, das der Herzog
Karl Eugen von Württemberg auf dem Lustschloß Solitude eingerichtet hatte.
Massenbach scheint für manche Lehrer ein unbequemer Schüler gewesen zu sein.
Eine Schulgeschichte stellt fest: »Während eine ganze Reihe von Schülern
straflos blieb, gab es Eleven, die über 80 Mal >wegen gemachten Exessen<
bestraft wurden. Für das Jahr 1773 z. B. meldete Obristwachtmeister Alberti den
Zögling Christian von Massenbach als den >geringsten in der Aufführung<,
während Schiller in derselben Zeit nur zweimal bestraft wurde.«[2]
Mit Friedrich Schiller blieb
Massenbach auch nach der gemeinsamen Studienzeit verbunden. 1790 schrieb er an
ihn, daß seine Gedanken oft bei ihm gewesen seien:
Ihr Genius muß Ihnen
tausendmal gesagt haben, welchen vertrauten Umgang ich mit Ihnen gepflogen
habe. Denn so oft ein neues Werk von Ihnen erschien, war ich wie der Blitz
dahinterher und zündete das Öllämpchen meines Geistes an dem Feuer-Meer des
Ihrigen wieder an. Wie oft haben Sie mich in Enthusiasmus versetzt! Wie wurde
mir, als ich Ihren Geisterseher las, die Haare kräuselten sich mir auf dem
Kopfe und es war mir, als würden sie aus der Wurzel gerissen.[3]
Massenbach war ein fleißiger
und begabter Schüler, so daß er schon damals schnell aufstieg: 1772 wurde er
zum Chevalier, 1774 zum Leutnant hei der Garde zu Fuß ernannt. Von seinen
Lehrern beeinflußte ihn besonders der Militärtheoretiker Ferdinand Friedrich
von Nicolai, dessen Ideen ihn auch später entscheidend prägten.[4] 1778 wurde Massenbach zur
Truppe versetzt. Als sich der Herzog entschloß, einen weiteren Professor für
die militärische Fakultät der Hohen Karlsschule in Stuttgart zu berufen, wählte
er Massenbach, der dort seit dem 9. Februar 1782 als Professor für Mathematik,
Taktik und Strategie lehrte.
Sein Ehrgeiz war aber mit
dieser Stellung keineswegs befriedigt. 1782 übersetzte er ein französisches
Militärwerk und sandte das Buch Über die Kugelbahn, aus
dem Französischen von Bézoul (Stuttgart 1782) an
Friedrich II. von Preußen. Dieser schrieb ihm am 17. Oktober 1782, er danke für
die Übersetzung, und es stehe ihm frei nach Potsdam zu kommen, um dort ein
Examen zu machen.[5] Massenbach nahm
Heimaturlaub und kehrte nicht nach Württemberg zurück. Am 2. Februar 1783
erhielt er in Berlin sein Patent als Quartiermeisterleutnant.
Der Militär blieb zeit
seines Lebens ein Verehrer Friedrichs II. Er war aber auch - und das haben
bisherige Kritiker des ungewöhnlichen Mannes übersehen - insofern mit Friedrich
verbunden, als sein Militarismus den des Königs noch übertraf. Nur wenige
Personen jener Zeit haben so kompromißlos Eroberungskriege gutgeheißen wie
Massenbach. In vielen seiner Schriften hat er sich zu imperialistischen Träumen
verstiegen und wünschte schon damals Preußen zur Weltmacht zu erheben. So
schrieb er etwa in einem Essay über Die Lage der Welt und
Preußens nach Friedrichs Tode:
Preußen muß sich vergrößern;
Preußen muß, wie im Jahre 1740, auf Eroberungen ausgehen, um sich zu erhalten. Stand
dieser Grundsatz fest; so folgte aus ihm unmittelbar der zweite: die Nation
mußte Armee, und die Armee mußte Nation sein. Nur bei Befolgung dieser
Grundsätze können die Völker zu Eroberungen schreiten.[6]
Während seiner ersten Jahre
in Preußen schrieb er weitere mathematische und militärische Werke und erwarb
sich am preußischen Hofe eine akzeptable Position, die durch seine Heirat mit
Amalie Henriette von Gualtieri im Jahre 1788 gesichert wurde. Ein Jahr vorher
hatte Massenbach im holländischen Feldzug drei Finger der linken Hand verloren
und für seinen Einsatz den Orden pour le merite
erhalten.
Zu seinen Aufgaben zählte es
auch, dem Prinzen Louis Ferdinand von Preußen Mathematikunterricht zu erteilen.
Beide sollte das Schicksal noch oft zusammenführen, und der fleißige und
ehrgeizige Lehrer, der sehr strenge Maßstäbe für die Bildung fürstlicher
Hoheiten anlegte, schlug immer wieder die Hände über den Kopf zusammen, wenn er
das Treiben seines einstigen Schützlings beobachtete. Etwa um 1800 schrieb er
an den Prinzen:
Auf dem Wege, auf welchem Sie
seit mehreren Jahren wandeln, ist noch kein großer Mann, kein großer Feldherr
gebildet worden... Ihre Lektüre ist nicht geordnet, ist Stückwerk, daher sind
Ihre moralischen und wissenschaftlichen Grundsätze schwankend und unstät... Sie
fliehen die Einsamkeit, und nur in der Einsamkeit reift der Mann, der seinem
Vaterland wahrhaft große Dienste leistet und den Ehrgeiz haben will, neben den
großen Männern der Jahrhunderte und aller Nationen zu glänzen... Alle edlen
Männer Ihres Vaterlandes trauern um sie, der Sie mit eigener gewaltsamer Hand
die Talente, mit denen die Natur Sie ausgerüstet hat, zerstören und sich auf
solche Art dem Dienste Ihres Vaterlandes und Ihres Königs entziehen...[7]
Eine neue Epoche begann für
den karrierebewußten Mann mit dem Ersten Koalitionskrieg (1792-1797). Während
man sich später beim Krieg von 1806 sträubte, Massenbach als Augenzeugen und
ernsthaften Chronisten gelten zu lassen, so sind seine Aufzeichnungen über den
Krieg 1792 - 97 durchaus gewürdigt und als wichtige Quelle herangezogen worden.[8] Einer, der Massenbachs
Memoiren studierte, um seine eigenen Erinnerungen über die Campagne in
Frankreich aufzufrischen, war Goethe. Vieles deutet darauf hin, daß sein
Kernsatz »Von hier und heute geht eine neue Epoche der Weltgeschichte aus, und
ihr könnt sagen >Ihr seid dabeigewesen<«, von Massenbach beeinflußt
wurde. Denn der Fachmann schrieb immerhin zum selben Ereignis:
Sie hatten die Feuerprobe
bestanden; sie hatten mehr von uns erwartet. Jetzt waren wir in ihrer Idee
gefallen, sie in ihrer eigenen gestiegen. Wir hatten mehr verloren, als eine
Schlacht. Die Meinung war dahin. - Der 90ste September (1799) hat der Welt eine
andere Gestalt gegeben. Er ist der wichtigste Tag des Jahrhunderts! - [9]
Als Preußen nach dem Frieden
von Basel (1795) aus der Koalition ausschied und in dem >Weltkrieg<
zwischen England und Frankreich neutral blieb, hatte Massenbach Muße, in einer
Reihe von Publikationen seine umfangreichen Kriegserfahrungen aufzuarbeiten.
Detailliert kommentiert er die Feldzüge, berechnet u.a. die Kosten, die
künftige Kämpfe verschlingen würden. In der Regel beschränken sich seine
Ausführungen auf strategische Fragen und auch die Fehden der Österreicher, die
bis 1797 weiter gegen Frankreich fochten, analysiert er vor allem unter dem
Gesichtspunkt der Terrainlehre. Die letzte Schrift dieser Art, die eine zweite
Phase seiner Schriftstellerei abschließt, erschien 1802 in Berlin mit dem
Titel: Über die Feldzüge in den Jahren 1799 und 1800.
Massenbach neigte aber schon
hier dazu, sich nicht nur auf reine militärische Fragen zu konzentrieren. In
den anonym erschienenen Betrachtungen über die Feldzüge
Österreichs und Preußens gegen Frankreich in den Jahren 1792, 1793 und 1794 und
über die wahrscheinlichen, welcher der Feldzug im Jahre 1795 verspricht oder
befürchten läßt (1795) zweifelt er schon generell an diesem Krieg, der
doch nur den Engländern nützen würde: »Aber, führt man desswegen Krieg mit
Frankreich, damit der Londoner Kaufmann indessen das Monopol des Handels der
vier Welttheile erhasche?«[10]
Massenbach reflektierte aber
nicht nur über Vergangenes, sondern bemühte sich auch, Preußen in eine sichere
Zukunft zu führen. Drei Ideen schienen ihm dazu vordringlich, und es wäre
schwer, ihm dabei fehlenden Arbeitseifer nachsagen zu können; der Militär
forderte:
- eine Befestigungskette im
Osten
- die Neuordnung des
Generalquartiermeisterstabes
- ein enges Bündnis mit
Frankreich.
Von diesen Projekten, die er
seit 1795 verfocht, hatte nur die Neuorganisation des
Generalquartiermeisterstabes langfristigen Erfolg. Seine Bemühungen, im Osten
Preußens Festungen zu erbauen, erschienen den meisten Zeitgenossen schrullig.
Der Kriegsrat und Schriftsteller Friedrich von Cölln dagegen konnte 1807 als
Augenzeuge Massenbachs Wollen anerkennen:
Dieser Krieg bewährt den
großen Nutzen, welche Vestungen haben, und daß die Idee so vieler unserer
Feldherren ganz falsch war, wenn sie sagt: sie wären eine unnütze Bürde für den
Staat. Auch selbst der König ging von diesem irrigen Grundsatz aus.
Einst besah er die Vestung
Graudenz, und wurde von dem Obrist Massenbach geführt. An einem Ort, wo er die
Werke übersehen konnte, an denen gebaut wurde, sagte er zu dem Obrist
Massenbach:
Der König. Das wird viel Geld
kosten.
M. O ja, Ihro Majestät, an
350,000 Rthlr.
Der König. Das ist wieder
weggeworfen.
M. Was Wollen Ew. M. damit
sagen?
Der König. Vestungen sind
Krebsschaden des Staates.
Deshalb machte mann denn auch
abgelebte Greise zu Vestungskommandanten, gleichsam, als wenn die Invalidität
hierher gehörte.[11]
Auf Massenbachs dritte
Leidenschaft, sein unermüdliches Pochen auf eine Allianz mit Frankreich, wird
noch einzugehen sein. Vielleicht wäre auch der Militär als fleißiger und
bemühter Stratege und Vorbereiter der preußischen Reformen in die Geschichte
eingegangen, wäre nicht jenes verhängnisvolle Jahr 1806 gekommen, das nicht nur
das Ende des Reiches besiegelte, sondern auch Massenbachs Schicksalsjahr wurde.
Für die Tatsache, daß die Ideen Massenbachs durchaus schon von den Zeitgenosseh
gewürdigt wurden, spricht ein Brief, den Prinz Louis Ferdinand etwa einen Monat
vor seinem Tod an ihn schrieb. Er ist merkwürdig genug.
(Berlin,
Anfang September 1806)
Ihr Brief, lieber Massenbach,
hat mich auf eine sehr angenehme Art überrascht - aber weniger erwartete ich
auch nicht von Ihrem Kopfe und Herzen. Mit einem lebendigen Gefühle für alles
Große und Schöne ist man nur zu geneigt, allen großen Begebenheiten große
Motive, allen großen Handlungen große und edle Charaktere unterzulegen. Nichts
war aber leichter, als sich über alles dasjenige, was in der Revolution
vorgegangen, über deren Folgen und diejenigen zu irren, die durch sie gehoben,
und die der Drang der Umstände an die Spitze derselben gesetzt. Das Vergessen
aller Grundsätze, die bisher das föderative System von Europa erhalten, die
unselige Schwachheit aller Fürsten, die dieses wirklich an großen Männern karge
Zeitalter unter denen erzeugte, die das Schicksal zum Thron bestimmt; der
Mangel an Regierungsformen, an großen Charakteren; eine traurige Folge der
Erziehung und der auf Selbstsucht und Indifferenz hinwürkenden Philosophie,
alles dieses bereitete die Ketten, die unser erwarten. Unsere Schwäche, unsere
Kleinheit machten es Buonaparten leicht, Europa zu unterjochen, nachdem es
einmal sich von den Grundsätzen entfernt hatte, die sonst seine Ruhe sicherten.
Hierzu kamen alle kleinlichen Ansichten, die partielles Interesse und die stets
wechselnden Formen der Revolution erzeugten, und daß wirklich wenige noch
bemerken, daß Buonaparte der Mann der Revolution ist, und daß auch sie ihn mit
sich fortreißt und treibt, und daß er noch stets alle revolutionären Mittel
braucht, und daß, wenn er es auch wollte, er nicht zurückkehren könnte, und
jetzo die Revolution mit der Königskrone, sonst mit der Jakobinermütze
getrieben wird. Wie ich über die Gefahren dachte, die uns droheten, als die
Armeen noch versammelt waren und leider auf eine ebenso unpolitische als
unbegreifliche Weise getrennt wurden, mag Ihnen beiliegender Brief sagen, den
ich kurz nach der Bataille von Austerlitz meiner Schwester schrieb, zu einer
Zeit, wo Berlin ein so seltsames Schauspiel von Unentschlossenheit,
militärischen Anstalten und Frivolität darbot. Wenn ich Sie in Dresden sehe,
erbitte ich mir diesen Brief zurück.[12]
Sind unsere politischen
Meinungen zwar verschieden gewesen, so weiß ich dennoch, daß wir über einen
anderen Gegenstand homogener gedacht haben. Der ganze Staat liegt an einem Übel
krank, welches ihm, werde es Krieg oder Frieden, gleich verderblich werden
kann. Wir haben keine Regierungsform, kein Gouvernement. Friedrich II., der mit
aller Kraft eines allumfassenden Geistes durch sich selbst regierte, dem kein
Zweig der Verfassung unbekannt war, der über jeden derselben sich mit seinen
Ministern unterhielt, und bei dem seine Kabinettsräte nur Werkzeuge seines
Willen waren, hinterließ nicht seinen Nachfolgern jenen großen Geist, der alle
Teile der Administration in einem gemeinsamen Brennpunkt vereinte, nur durch
sich selbst wirkte, und dem Staat das innere Leben gab, welches er so bald nach
seinem Tode verlor. Dieses stürzte uns unter dem vorigen König in die
Favoriten-Regierung und die seiner Umgebungen männlichen und weiblichen
Geschlechts. Unter dem jetzigen König drang sich das Kabinett zwischen den
König und die ersten Staatsbeamten und ließ letzteren nur den Schein einer
Macht, die das Kabinett ohne Responsabilität ausübt, oder vielmehr mißbraucht.
Die subjektive
Zusammensetzung dieses Kabinetts hilft auf keine Weise dem Fehler dieser
Verfassung ab, und Preußens Schicksal ist in diesem Augenblick in den Händen
eines Advokaten, der übermütig absprechend und ohne Kenntnis der inneren und
äußeren Angelegenheiten des Staates ist, dem alle militärischen Ansichten
gänzlich fehlen [d.i. Beyme]; in denen eines seichten, herzlosen, moralisch und
physisch abgespannten französischen Dichterlings [d.i. Lombard], und eines
Ministers, welcher verworfen genug ist, das Werkzeug dieser Menschen zu sein,
dessen ganzes Leben eine stete Folge von Schwachheit und Niedrigkeit ist, und
in dessen verpestetem Herzen Wahrheitsliebe so erloschen, daß seine Worte eine
stete Folge von Lügen sind... [gemeint ist Haugwitz].
Sehr glücklich bin ich, die
Hoffnung zu haben, entweder die Schlesische Armee zu kommandieren oder unter
dem Prinzen von Hohenlohe zu stehen. In beiden Fällen werde ich gewiß weder
Ihre Erwartungen, noch die der Armee täuschen. Ich erwarte stets von Ihnen ein
offenes, einfaches Darstellen der Wahrheit. Mein Herz und mein Verstand sind
gemacht, selbige zu hören und zu schätzen, und alle Pflichten zu fühlen, die
die jetzigen Umstände einem Neffen Friedrichs auflegen.
Bald sehen wir uns, so lange
also leben Sie wohl und erhalten mir Ihre freundschaftliche Achtung.
Louis.
P. S. den 6ten bin ich in
Dresden.[13]
Am 10. Oktober fand Louis Ferdinand
den Tod in einem Gefecht bei Saalfeld. Am 14. Oktober schlug Napoleon die
preußische Armee bei Jena und Auerstedt. Am 28. Oktober kapitulierte der Prinz
von Hohenlohe unter maßgeblichem Einfluß von Massenbachs in Prenzlau. Über
diesen Monat ist später viel geschrieben worden. Man kann aber jene
Katastrophe, auch ohne Franz Mehring zu bemühen, auf eine Formel bringen.[14] Lombard schrieb schon 1807:
»Eine schlecht angeführte Armee war von einer bessern und besser angeführten
geschlagen worden. So war es: und nichts mehr, nichts weniger. Um es zu
begreifen, hatte man nicht nöthig, zu heimlichen Ursachen, zu schimpflichen
Voraussetzungen seine Zuflucht zu nehmen.«[15]
Das geschah aber nur zu
bald. Für Massenbach, der sich nach publizistischen Angriffen zu rechtfertigen
suchte, begann mit dem Winter 1806 seine dritte und bedeutendste Phase
schriftstellerischen Wirkens. In jenen Jahren (1800 - 1809) folgten seine
Veröffentlichungen in kurzen Abständen aufeinander, und erstellt man eine
Bibliographie des schreibgewandten Veränderers, so sind immerhin über 13 seiner
etwa 30 Schriften damals ediert worden. Zieht man in Betracht, welchen Umfang
sie haben, so kann man ermessen, mit welchem Eifer sich Massenbach auch dieser
Tätigkeit widmete. Sein Biograph Knesebeck erklärt Massenbachs Flucht in die
Öffentlichkeit allein aus seinen finanziellen Nöten, die - glaubt man seinen
detaillierten Angaben - wirklich umfänglich waren. Knesebecks Resümee: »So war
es kein Wunder, daß auch Massenbach, um sich irgendwie Geld zu verdienen, seine
Fähigkeit als Schriftsteller wieder benutzte.« [16] Diese Sicht ist einseitig.
Der gedemütigte Militär, der ja alle Materialien sorgfältig gesammelt hatte,
dachte lange Zeit gar nicht daran, sich an ein größeres Publikum zu wenden. An
einen Freund schrieb er: »Aber - soll und kann ich mit diesen Urtheilen und
Geständnissen jetzt hervortreten, und aufdecken, was noch verhüllt bleiben muß?
Ich
schreibe am 10ten November 1806. Es ist rühmlich, jetzt noch zu schweigen; es ist
eines Mannes würdig, Verleumdungen eine Weile mit der Ruhe eines edlen
Bewußtseins zu ertragen.«[17]
Massenbachs Haltung änderte
sich aber, als die Angriffe auf ihn immer heftiger wurden. Am 3. Juli 1807
beklagt er sich über die Tribunale der Beschränktheit, Dummheit und Bosheit und
bemerkt in einer Anmerkung, er verstehe darunter »das Geschmeiß von anonymen
Schriftstellern, welche mit ihrem giftigen Geifer alle Bande der Ehrbarkeit und
des Wohlstandes auflösen.«[18] Die Fehde begann und es ist
schwer zu entscheiden, wer den ersten Stein warf.
Denn immerhin hatte
Massenbach indirekt die publizistische Initiative ergriffen, indem er dafür
sorgte, daß sein Adjudant Rühle von Lilienstern in dem Buch Betrachtungen eines Augenzeugen von dem Feldzug 1806
(Tübingen 1807) in seinem Sinne die Ereignisse schilderte. Daß Massenbach
wesentlichen Anteil auch an dieser Schrift hat, ist nicht zu bezweifeln: »Der
Oberst Massenbach hatte zu dem im Generalquartiermeisterstabe dienenden Herrn
R. v. L. seit mehreren Jahren vorzügliches Vertrauen. Beide Officiere waren und
sind, im engsten Sinne des Wortes, Freunde; so war es denn sehr natürlich, daß
der Oberst Massenbach kein Bedenken trug, jenem Officier öfters die Ideen
mitzutheilen, welche durch die Ereignisse der Zeit bei ihm selbst geweckt
wurden.«[19] Da auch in diesem Buch
einzelne Personen angegriffen wurden, so ist es nicht verwunderlich, daß diese
sich wehrten.
Noch mehr Unruhe riefen jene
Artikel hervor, die der Oberst selbst in der Zeitschrift Lichtstrahlen
veröffentlichte. Die Zeitschrift, die Massenbach und Friedrich Buchholz
herausgaben, war als Gegenpol zu von Cöllns Feuerbränden
gedacht. Ende 1807 beschuldigte Massenbach den General von Blücher, er sei an
der Kapitulation von Prenzlau Schuld. Der anonyme Artikel erregte Aufsehen, und
nicht nur Blücher selbst verbat sich diese Unterstellung, auch der spätere
Heeresreformer Scharnhorst bezeichnete diese Anschuldigung im Februarheft der
bedeutenden politischen Zeitschrift Minerva als »falsch und erdichtet«.[20]
Der Februar 1808 wurde
überhaupt der entscheidende Monat für Massenbachs folgende publizistische
Tätigkeit. Was war geschehen?
Anfang des Monats erschien
in Berlin in deutscher und französischer Sprache ein anonymes Buch, die Gallerie Preussischer Charaktere, das wie kein anderes
die Gemüter erregte. Je 12 Militärpersonen und 12 Staatsmänner und Gelehrte
werden dort in einer Weise charakterisiert, die in der Publizistik dieser Zeit
einen Vergleich sucht.[21]
An der Verfasserschaft
bestand nie ein Zweifel. Daß Massenbach und Buchholz an dieser Schmähschrift
beteiligt waren, wurde schnell erkannt. Friedrich von Cölln führt aus: »An
dieser Gallerie ist es besonders merkwürdig, daß die Verfasser und der Verleger
auf eine so grobe Art sich zu verbergen suchen, daß nur ein Kind sie nicht
entdecken würde.«[22] Auch daß Massenbach den
Stoff lieferte und Buchholz das Buch verfaßt, hat, erkennt Cölln treffsicher:
»Jene Gemählde sind entstellt durch Bemerkungen, welche aus keiner parteylosen
Beobachtung der Subjekte genommen, sondern aus einem bösen Herzen geflossen sinrl,
darum haben sie auch den Werth verlohren, den sie haben würden, wenn derjenige,
welcher die Materialien lieferte, sie geschrieben hätte; denn diese Materialien
sind größtentheils ächt.«[23] Die Radikalität der
Gallerie ist auch daran zu erkennen, daß der Kriegsrat von Cölln selbst die
Gebrechen und Schwächen des Staates in seinen Schriften schonungslos aufdeckte.
Daß zwischen den franzosenfreundlichen Schriftstellern auch keineswegs jene
Eintracht waltete, wie spätere Historiker sie vermuteten, zeigt eine Bemerkung
Cöllns über Buchholz. Zwar läßt er dessen Gelehrsamkeit noch gelten, führt dann
aber aus:
Er ist dabey unerträglich
arrogant, ein Rechthaber erster Art ohne alle praktische Kenntnisse, ein
Stubengelehrter, der nie weiter kam, als von Brandenburg nach Berlin, ohne alle
feine Bildung und Repräsentation, ohne alles Redner-Talent; er läßt nichts
gelten, was nicht von ihm ausgegangen; haßt lebende Gelehrte, und ergreift nur
diejenigen der alten Zeit, die wenig gelesen werden; für jede grobe Schmeicheley
empfänglich; unter den Menschen ein Fremdling; das ist Friedrich Buchholz.«[24]
Mit welcher Verbitterung
etwa die Gegenpartei dieses Buch aufnahm, verdeutlicht eine Briefstelle des
konservativen Publizisten und Zeitgenossen Friedrich von Gentz. Auch er erkennt
klar den Anteil von Massenbach und Buchholz an der Gallerie.
Über Massenbach schreibt er dann:
An Verstand fehlt es der
Bestie nicht; denn seine Aufsätze gegen Müffling in den Lichtstrahlen sind,
außer Ihrem Bericht, ohne allen Zweifel das Geist- und Lehrreichste, was über
den Feldzug von 1806 noch geschrieben ward. Aber ein Abgrund von Bosheit, wie
er in diesem Gemüte wohnt, ist selbst in unsern Zeiten selten und mit Ausnahme
der Matadors der Revolution, Robespierre, Couthon, Collot d`Herbois u.s.w., nie
zum Vorschein gekommen. Das ist der wahre Aufschluß über den Fall der
preußischen Monarchie, daß solche Henkersknechte eine Rolle darin spielen
konnten. Massenbach und Buchholz umspannen den Kreis menschlicher Verruchtheit;
dieser durch die barbarische Kälte, mit welcher er, von nicht gemeinen
Fähigkeiten, obgleich einem oft schiefen, manchmal verrückten Kopfe geleitet,
das ganze künstliche, kostbare Gewebe des alten gesellschaftlichen Lebens Faden
vor Faden auseinanderreißt; jener durch die höllische Wut, mit welcher er
alles, was Achtung oder Schonung verdiente, den Hunden und Geiern der
Verwüstung preisgiebt.«[25]
Welche Informationen
Buchholz selbst besaß und welche Massenbach beisteuerte, hat die Forschung noch
differenziert.[26] Auch ist der Spätjakobiner
Hans von Held als Beiträger erwähnt worden, der allerdings als einziger
Kritiker feststellte, einige vorgestellte Personen seien zu sehr geschont
worden.[27]
Niemand hat das Erscheinen
der Gallerie so betroffen gemacht wie Massenbach
selbst. Seine Betroffenheit ist echt, und man kann ihm nur zum Vorwurf machen,
daß er in seiner Naivität einem cleveren Berufsjournalisten wie Buchholz
Mitteilungen und Informationen zukommen ließ, die er besser für sich behalten
hätte. So grämt er sich auch, als er am 13. Februar 1808 seine Erklärung über das Buch: Gallerie Preussischer Charaktere
abgibt, über seine Schwatzhaftigkeit, und wendet sich an Buchholz, ohne dessen
Namen preiszugeben:
Sie haben in Ihrem Buche oft
meinen Namen genannt, und manche Anekdoten öffentlich bekannt gemacht, welche
ich in dem Kreis vertrauter Freunde erzählt haben kann. - Wer Sie auch seyn
mögen: Sie hatten keineswegs das Recht, diese Anekdoten, ohne meine
ausdrückliche Zustimmung und Erlaubniß, so, wie es geschehen ist, drucken zu
lassen. Die Ergießungen eines durch Unglück schwer gedrückten Gemüths auf eine
solche Art zu mißbrauchen, ist eine Handlung der grausamsten Indiskretion, die
in Ihren eigenen Augen nie verzeihlich seyn kann.[28]
Besonders unangenehm war es
Massenbach, daß er - als eine ausführlich erwähnte Persönlichkeit in der Gallerie - »glänzen sollte[29]«, während z. B. seine
Kontrahenten wie Rüchel, Blücher und Lombard verurteilt wurden. So erkannte er
auch klar die Folgen von Buchholz` Publikation: »Alle Leidenschaften hat er
gegen mich aufgeregt: Eifersucht, Haß und Rachbegierde.«[30]
Da nun durch die Gallerie bekannt geworden war, auf wen Massenbach in
seinen kritischen Plaudereien abzielte, blieb ihm kein anderer Ausweg, als
seine Ansichten in seiner Sprache den Verantwortlichen vorzutragen. So
entstanden im März 1808 jene Drei Sendschreiben, in
denen der Oberst nun auch selbst gegen die vorher diffamierten Blücher, Rüchel
und Lombard vorging. Obwohl er nun in dieser Publikation eine ganz andere
Sprache fand, wich er trotzdem nicht von den gemachten Vorwürfen ab. Seine
Höflichkeit sei verdeutlicht durch sein Sendschreiben an Rüchel: »Die
Verhältnisse, in welchen ich mit Ewr. Exceilenz zu stehen die Ehre gehabt, und
die große Achtung, welche ich für Sie fühle, machen es mir zur Pflicht, Ihnen
zu sagen, daß ich in diesem Bericht die Verspätung Ihrer Ankunft am 14ten
Oktober als die dritte Ursache von dem Verluste der Schlacht bei
Vierzehnheiligen angegeben habe.[31] Am schärfsten greift
Massenbach den Politiker Lombard an: »Mein Schreiben an den Herrn Geheimen Rath
Lombard hat nicht den Charakter der Ehrfurcht, ob es gleich die Achtung nicht
beleidigt, die Ein gebildeter Mann, dem andern schuldig ist.«[32] Anlaß für Massenbachs Wut
war das Buch Materialien zur Geschichte der Jahre 1805,
1800, und 1807. Seinen Landsleuten zugeeignet von einem Preußen, das
Lombard in französischer Sprache zu Anfang des Jahres 1808 verlegen ließ.[33]
Dort spielte er auch auf das
Versagen Hohenlohes bei Prenzlau an und der Oberst fühlte sich berufen, sich
und Hohenlohe nicht nur erneut zu verteidigen, sondern auch dem Staatsmann
vorzuwerfen, an Preußens Sturz habe Lombards »Mangel an Tätigkeit und echtem
Ehrgeitz viel beigetragen.«[34]
Auch die Betrachtungen und Aufschlüsse über die Ereignisse der Jahre 1805
und 1806 (Frankfurt und Leipzig 1808), die allerdings schon früher
entstanden sind, resultieren aus der Gallerie und
Massenbachs Rechtfertigungsmanie. In einer Zueignungsschrift an den Markgrafen
Ludwig von Baden beschwert sich der Militär indirekt über Buchholz und sonstige
Verteidiger: »Andere Schriftsteller, an deren Wohlwollen und Redlichkeit ich
nicht zweiflen kann, haben meine Vertheidigung übernommen, und mir durch diese
Vertheidigung großen Schaden gethan. Mein Name ist in ganz Deutschland
verunglimpft.«[35] Die Betrachtungen,
die Massenbach noch in Potsdam schrieb, zählen thesenartig alle Punkte auf, die
nach seiner Ansicht zum Untergang Preußens führten. Massenbach hat hierzu seine
umfangreichen Tagebucheintragungen benutzt. In ihrer Zielrichtung ist diese
Schrift der Vorläufer des zweiten Teils der Historischen
Denkwürdigkeiten.
Die eigentliche
Rückbesinnung auf die Vergangenheit begann für Massenbach aber erst, als er
sich in der zweiten Hälfte des Jahres 1808 auf sein Gut Bialokosch bei Posen,
das ihm Friedrich Wilhelm III. 1798 geschenkt hatte, zurückzog. Dort ordnete er
seine Aufzeichnungen und bereitete sie für den Druck vor. Ein Ergebnis seiner
erzwungenen Ruhe war das Buch Rückerinnerungen an große
Männer[36], das ältere Studien, so z.
B. über Friedrich II. und dessen Bruder Heinrich, zusammenfaßte. Höhepunkt
dieser Schrift ist das Essay Die Lage der Welt und
Preußens nach Friedrichs Tode, das in dithyrambischer Sprache die
Politik der Staaten von 1786 bis zur Ankunft Napoleons in Berlin 1806
darstellt. Eine Stilprobe soll dies verdeutlichen:
In dem friedlichen und
frommen Pallaste zu Pillnitz wird die Fackel zum blutigen Kriege entzündet. Die
alte Feindschaft wollen Oesterreich und Preußen vergessen. Einen festen Bund
wollen die Monarchen schließen; Frankreichs Zertrümmerung ist sein Zweck. Stolz
und in Gedanken Triumphator, führt Friedrich Wilhelm sein Heer über den Rhein.
Schwachen Widerstand findet sein schwaches Heer; kraftvollen hätte es nicht
besiegt. Longwy und Verdun öffnen von selbst die Thore. Das Argonnen-Gebirge,
diese Thermopylen des Französischen Leonidas, werden umgangen. In den
Katalaunischen Feldern, wohin Attila gedrungen, wehen die Fahnen der Preußen
und Oesterreicher. Alles verkündiget Sieg. Im schnellen Vormarsch ist die
Armee. Hundert Feuerschlünde sprühen Tod; Ehre und Ruhm und große Erfolge
verspricht der Angriff. Der Angriff erfolgt nicht. - Die Armee hat keine
Schlacht geliefert; - doch hat sie eine Schlacht verloren.
Es ertönt im Lager die
Nachricht: Zertrümmert sei der Thron der Bourbonen; Ludwig sei in Fesseln; der
Welt sei verkündet - die neue Republik! Muthlosigkeit bemächtigt sich der
Heerführer. Sie wählen den Rückzug, kaum finden sie Sicherheit hinter den
Wellen des Rheins, den sie vor wenigen Monaten mit Uebermuth überschritten; bald
fällt jetzt das schuldlose Haupt des unglücklichen Königes, dem Könige zu Hülfe
eilten, und dessen Untergang ihre Hülfe beschleunigte. Alle Thronen und alle
Gemüther der Fürsten sind erschüttert. Friedrich Wilhelm entreißt sich der
Freude, die auch im Feldlager ihn umgiebt, und weint bei der Nachricht des
Todes seines königlichen Bruders. Erfolglose Thränen! - Thatenlose Feldzüge
führen die Könige; thatenvolle die Republikaner.[37]
Die Zueignungsschrift
datierte Massenbach auf den 17. August 1808. Nach einer Verlagsanzeige war auch
geplant, die hier wieder vorgelegten Historischen
Denkwürdigkeiten und die Memoiren zur Leipziger Michaelis-Messe dem
Publikum vorzulegen.[38] Diese bedeutenden Bücher
erschienen aber erst 1809.
In der Vorrede der
dreibändigen, sehr umfangreichen Memoiren über meine
Verhältnisse zum Preußischen Staat und insbesondere zum Herzog von Braunschweig
gesteht der Autor:
Das Buch, welches ich heute
meinen Zeitgenossen, und vielleicht auch der Nachwelt übergebe, ist die
Fortsetzung und Ergänzung der Denkwürdigkeiten; ich will deutlicher, als es je
einer gethan hat, zeigen, wie es zugegangen, daß der Neffe des großen
Friedrich`s den Fall Preußens veranlassen mußte.
Auch in den nun folgenden
Blättern habe ich mit der Freimüthigkeit gesprochen, mit welcher ein Mann reden
muß, der sich in Gedanken in die Regionen jenseits des Grabes versezt, und von
den mächtigen und unmächtigen Männern, die seine Zeitgenossen sind, Abschied
genommen hat. In allen Situationen meines Lebens habe ich nach meiner Ueberzeugung
gesprochen und gehandelt; ich werde diese - löbliche oder unlöbliche -
Gewohnheit, jezt, da ich mich nicht mehr zur lebenden Welt, oder zur
gegenwärtigen Generation zähle, zuverlässig nicht ablegen.«[39]
Was die Memoiren von den Denkwürdigkeiten
unterscheidet, ist u. a. der Zeitraum, über den der Oberst berichtet.
Ausführlich und unter Beilage von Briefen, Aktenstücken und anderen Dokumenten,
schildert er alle Ereignisse, deren Augenzeuge er von 1783 bis zum Tode des
Herzogs von Braunschweig (1806) wurde. Dabei neigt er noch mehr dazu, lebende
und verstorbene Mitakteure bloßzustellen.
Daß Massenbach überhaupt
noch recht kritisch Verhältnisse und Zustände schildern konnte, von denen man
eigentlich seit 1809 nichts mehr wissen wollte, ist kurios genug. Denn
spätestens 1808 hatte jene Publizistik ein Ende gefunden, die sich so
ungebärdig gegen die preußischen Zustände aufgelehnt hatte. Seit dem Frieden
von Tilsit, wo Rußland und Frankreich ein Bündnis schlossen, hatte Napoleon
jeden Gedanken auf eine Revolutionierung Preußens aufgegeben und stützte sich
nun auf die legitimierten Machthaber. Reformpolitik im Rahmen der Monarchie war
erlaubt, jene Bilderstürmerei aber, die Massenbach weiter handhabte, war
unerwünscht.
So war es auch nicht
verwunderlich, daß der vierte Band von Massenbachs Memoiren, der 1810
erscheinen sollte, nicht mehr das Licht der Welt erblickte. Die preußische
Regierung schritt ein und der König von Sachsen - in dessen Einflußbereich die
Werke gedruckt wurden - teilte dem Obersten mit, er solle weitere
Veröffentlichungen unterlassen, da man sonst nicht mehr für seine Sicherheit
aufkommen könne. Massenbach erkannte, daß er die Situation unterschätzt hatte
und schrieb am 10. April 1810 dem preußischen König einen Brief, in dem er
wieder einmal äußerte, »er habe in einer Art Verrücktheit gehandelt und
versprach ewig zu schweigen«.[40] So wurde dann die ganze
Auflage außer dem Manuskript und 25 Prachtausgaben in einer Papiermühle bei
Jena unter sorgfältiger Aufsicht eingestampft.
Noch im selben Jahre begann
nun Massenbach ein Unternehmen, das ihm zum Verhängnis werden sollte, das aber
faszinierend genug war. Keineswegs zufrieden mit seinen bisherigen
Ausführungen, Enthüllungen, Erklarungen und Einsichten, entschloß sich der
Frührentner, eine Monumentalbiographie zu entwerfen, die seine bisherige
Lebenserfahrung von seiner Geburt bis zur Kapitulation zu Prenzlau
zusammenfaßte. Im Vorwort dieser nie gedruckten Biographie äußert er:
Vielleicht habe ich meine
Absicht erreicht mit Bescheidenheit von meinen Tugenden, von meinen Fehlern mit
noch größerer Aufrichtigkeit zu sprechen, als selbst Johann Jakob Rousseau, der
Graf Aldieri und der Minister Goethe von sich gesprochen haben. Ich bin weit
entfernt auch nur zu wähnen, als wäre ich Rousseau oder Goethe, in Hinsicht auf
die Schönheit, Eleganz und Kraft der Diktion, auch nur einigermaßen
nahegekommen. Keiner dieser Männer war in der Lage, große Weltbegebenheiten
ganz in der Nähe beobachten zu können. In einer solchen Lage habe ich mich
einige Male befunden.[41]
Fast sechs Jahre brauchte
er, um dieses Werk zu schreiben. Sicher ist dort manches übernommen, was
bereits in früheren Arbeiten angedeutet wurde. Ein fundiertes Urteil ist mir
aber nicht möglich, da ich die achtbändigen ungedruckten Memoiren nicht einsehen
konnte.
Massenbachs Biograph
Knesebeck bemerkt, daß dieses Großwerk die bisher nicht erwähnten
Jugenderlebnisse darstellt, ebenso, daß die folgenden Bände - besonders der 7.
und 8. Band - »noch eine größere Anzahl von kleinen Erlebnissen mit dem König,
der Königin und anderen hohen Persönlichkeiten in oft indiskreter Weise«
darbietet. Ferner seien seine große Anzahl von Denkschriften, Briefen und
Karten von sich und anderen, die ihm durch seine dienstliche Stellung bekannt
geworden waren, verwertet worden. Wenn dann Knesebeck trotzdem feststellt, es
sei keine Schande für die Geschichtsforschung, daß diese Bände unterdrückt
worden seien, so zeigt dies nur, wie er seinen Beruf verfehlte.[42]
Bevor sich aber Massenbach
daran machte, sein Hauptwerk zu veröffentlichen, geriet er noch einmal in den
Mittelpunkt öffentlicher Meinung. In Württemberg hatte der König Friedrich I.,
der seit 1805 sein Land absolut regierte, im Frühjahr 1815 eine Verfassung
angeboten, die geringe Konzessionen an die Stände machte, aber nicht das »gute,
alte Recht« wiederherstellte. Zum neu gebildeten Landtag sollten u. a. auch
Mitglieder »aus den Häuptern der vormals reichsunmittelbaren fürstlichen und
gräflichen Familien, auf deren im Reiche gelegenen Besitzungen Reichs- und
Kreistagsstimmen ruhten«[43] zählen. Da nun das Gut der
Freiherren von und zu Massenbach seit 1803 zum Königreich Württemberg gehörte,
stand auch dieser Familie eine Stimme zu. So reiste also der Oberst im August
1816 auf das massenbachsche Stammgut und erhielt von seinen Brüdern die
Vollmacht, die Familie durch >Virilstimme< in Stuttgart zu vertreten.
Am 14. November 1816 hielt
er vor dem Landtag seine erste Rede und griff damit in eine Diskussion ein, die
auf eine Revidierung der ersten vom König vorgeschlagenen Verfassung abzielte.
Der >Abgeordnete< zählte bald zu den Führern der ständischen Opposition
und propagierte ein konstitutionelles Königtum, in dem die Minister dem Landtag
verantwortlich waren - also keine Geheimen Räte existierten -, die Permanenz der
Repräsentation gewährt blieb, die Abgeordneten für immun erklärt wurden und die
ständische Kasse von den Ständen selbst verwaltet wurde.
Erstaunlich ist es, mit
welchem Einsatz und welcher Intensität sich der fast sechzigjährige, von aller
öffentlichen Aktivität bisher ausgeschlossene Mann dieser neuen Aufgabe
widmete. Nicht genug, daß er seine Ideen in Württemberg durchsetzen wollte,
auch Deutschland insgesamt wollte er eine Verfassung vorschlagen, wie sie ihm
für Württemberg vorschwebte. Als er im Februar 1817 in Frankfurt a. M. weilte,
veröffentlichte er die Flugschrift Obrist Massenbach an
alle Teutsche Männer , die seine Ideen präzisierte. Diese Schrift wurde
auch darum zum Politikum, weil er sie »Seiner Majestät dem Könige von Preußen«
widmete, den er nachdrücklich an sein Verfassungsversprechen erinnerte.
Ansonsten wiederholt er seinen »Mitteleuropagedanken« und verweist auf die
Gefahr, die Deutschland aus dem Norden (England), dem Westen (Frankreich) und
vor allem dem Osten drohe:
Haben wir nie, wenn wir über
unser nächstes Jahrhundert hinausdenken, haben wir nie zu befürchten, daß die
Blüthen und Früchte unserer Kultur von dem eisernen Fußtritte der Kinder der
Wolga zertreten werden; daß Baschkiren-Söhne in unsern Städten herrschen, wie
einst Gothen in Athen und Rom herrschten, und Phidiasse zu Steinmetzen
herabwürdigten?[44]
Um die außenpolitische Frage
zu lösen und um sich gegen die Gefahren der anderen Großmächte zu wappnen,
müsse ein deutsches Parlament gebildet werden:
Nichts Grosses, nichts
Herrliches, nichts in die Jahrhunderte hinein Dauerndes, kann ohne die
Verwirklichung der teutschen Nationalrepräsentation zu Stande gebracht werden!
Ohne sie wird sich die ganze europäische Menschheit nicht zur gesetzlichen
Freiheit erheben. Gleich Kindern, werden wir Teutsche betrachtet, gleich
Schulknaben forthin behandelt werden. Ohne Nationalrepräsentation werden wir
Teutsche Kriege führen, wie wir sie immer geführt haben, andere Nationen zu
vergrössern und zu beglücken; wir werden klein und unglücklich bleiben, immer
kleiner und unglücklicher werden. - Wollen wir das? Finden wir uns noch immer
nicht aufgefordert, uns eine grosse, gediegene, eine aus einer Form gegossene
Verfassung zu geben? Nicht aufgefordert, die Gefühle wieder in uns zu erwecken,
die nach den Schlachten bei Büren, Liegnitz, Dennewitz, bei Leipzig, in allen
Teutschen erglühten?
Wir müssen die Glut des
Wärmestoffs erneuern; oder wir gehen in der Kälte unter! Ich will von ganzer
Seele, daß die Fürsten mit den Völkern, die Völker mit den Fürsten innigst
verbunden werden. Ich bin nur in so fern ein Volksfreund, in so fern ich ein
treuer Verehrer guter Fürsten bin. Volk und Fürst ist Eins, ist der Staat.[45]
Derartige Äußerungen waren
damals mehr als revolutionär, und es darf nicht verwundern, daß der Verfassungsfreund
erneut ins Kreuzfeuer der Kritik geriet. Zu den Kritikern zählte auch sein
einstiger Kampfgefährte Friedrich Buchholz, der inzwischen seinen Frieden mit
dem preußischen Staat geschlossen hatte und als gutbesoldeter Journalist jeden
Auftrag entgegennahm, der ihm gestellt wurde. Hatte Buchholz einst eine
Universalmonarchie als Ideal entworfen, dann unter Hardenbergs Einfluß eine
Volksvertretung gutgeheißen, so wendet er sich nun ganz konservativen
Anschauungen zu, indem er den Bürger- und Bauernstand, dem Massenbach
politisches Mitspracherecht erkämpfen wollte, mit Hottentotten vergleicht, die
unfähig zu jeder politischen Entscheidung seien. Dieser Vergleich hat den
württembergischen Abgeordneten nicht wenig erregt.[46]
Die Auseinandersetzung um die
neue Verfassung kam auch unter dem neuen König Wilhelm I. nicht zur Ruhe und
gipfelte mit einem Ultimatum des Königs, in dem er am 26. Mai verlangte, daß
die Verfassung innerhalb einer Woche anzunehmen sei. Massenbach forderte ein
Gegenultimatum, das das Volk dem König stellen sollte. Am 4. Juni 1817 löste
darauf der König den Landtag auf. Über Massenbachs Ausweisung berichtet ein
Zeitgenosse:
Auch war er unter denen,
welche sogleich nach der Auflösung der Ständeversammlung aus der Stadt
verwiesen wurden und kaum gelang es ihm sich den gewaltsamen Maßregeln der
Polizei zu entziehen, die ihn noch in einer Entfernung von 6 Meilen von
Stuttgart zu verfolgen drohte. Er wandte sich hierauf nach Heidelberg, wo einer
seiner Söhne studieren sollte. Allein die von der Stadtpolizei ihm ertheilte
Erlaubniß zu dortigem Aufenthalte wurde wenige Tage darauf auf höheren Befehl
zurückgenommen und da v. M`s Anfrage nach den Gründen dieses Verfahrens ohne
Erfolg blieb, so wandte sich derselbe nach Frankfurt a. M., wo er seine
Reklamation wegen des wider ihn beobachteten Verfahrens bei der
Bundesversammlung anbrachte.[47]
Während der kurzen Zeit, die
er noch in Frankfurt, vor seiner Verhaftung am 18. August 1817 zubrachte, warb
er weiter durch immer radikalere Flugschriften für seine Ideen. Das zweite
Schreiben Obrist Massenbach an alle Teutsche Männer,
das ganz unter dem Eindruck der Auflösung der Ständeversammlung stand,
verzichtet aber noch auf Gewalt: »So suchet also die Freyheit mit Muth und
Kraft auf dem Wege des Rechts. Wohlan! da will auch ich sie mit Euch suchen.
Die Marseiller wollen wir nicht bewaffnen. Nicht die Fackel des Aufruhrs wollen
wir schwingen.[48] Im kleinen Freundeskreis
ging Massenbach aber noch einen Schritt weiter und plante den Aufstand:
Die Revolution, das heißt die
allgemeine Einführung repräsentativer Verfassungen muß durch die Ideen
geschehen, die von allen aufgeklärten Männern, die keine Fürstenknechte sind,
unter dem Volk verbreitet werden. Es müssen kleine Hefte von 3-4 Bogen über die
Grundpfeiler der Freiheit gedruckt und unentgeldlich zu Millionen ausgeteilt
werden. Es muß der k!eine Mann aufgeklärt werden, über die wichtigsten
Wahrheiten. Die Väter und Söhne werden die Söhne und Brüder gewinnen, die
Soldaten sind, und so werden den Fürsten die Bajonette und Säbel und die
Flinten und Kanonen aus den Händen gewunden, ehe sie es selbst wissen, daß dies
geschehen ist. Es wird also nichts erfordert, als Gesellschaften, als Vereine
aufgeklärter Männer in allen Staaten, welche obige Hefte lokal machen, und dann
ihre Verteilung bewirken.[49]
Neben seinen politischen
Aktivitäten hatte sich Massenbach schon seit dem Frühjahr 1817 mit einem
anderen Projekt beschäftigt. Um seine zerrüttete Finanzlage zu stabilisieren,
drohte er mit dem Druck seiner bisher unveröffentlichten Memoiren. Für die
Aushändigung des Manuskripts forderte er - auch unter Berücksichtigung seiner
nicht erhaltenen Pension - insgesamt 57500 Reichstaler.[50]
Als Massenbach dann auch
noch eine Inhaltsangabe des Werkes nach Berlin sandte und man sich vom Ernst
seines Planes überzeugt hatte, setzten die zuständigen Behörden alle Hebel in
Bewegung, um ihn wegen Landesverrats verhaften zu lassen. Als endlich der
Frankfurter Senat zustimmte, wurde Massenbach unter dramatischen Umständen in
der Nacht vom 18. zum 19. August 1817 verhaftet und sofort auf die Festung
Küstrin überführt.
Der Prozeß, der auch noch
einmal unter vielen anderen Anklagepunkten die Kapitulation von Prenzlau
aufrollte, war von ungewöhnlicher Dauer und erst am 26. Februar 1819 wurde vom Kriegsgericht
folgendes Urteil beschlossen:
Daß Inculpat wegen geständlich begangener Landesverräterei,
desgleichen wegen versuchter Erpressung durch Androhung eines
landesverräterischen Unternehmens, ferner wegen unterlassener Ablieferung
seiner Dienstpapiere, so wie endlich wegen angedrohten Ungehorsams mit
14jährigem Festungsarrest und Kassation zu bestrafen [...]. Dagegen aber wegen
der begangenen Verletzung der Ehrfurcht gegen den Staat mit aller Strafe zu
verschonen und die Anschuldigung, seine Dienstpflicht durch Ausführung und
Verbreitung revolutionärer Ideen verletzt zu haben, als Gegenstand dieses
Erkenntnisses nicht zu betrachten. Jedoch derselbe verbunden, die durch die
Untersuchung entstandenen baren Auslagen zu erstatten, und den Wertstempel mit
10 Rth. zu entrichten.[51]
Massenbach wurde dann von
der Festung Küstrin nach Glatz überwiesen. Dort entwickelte er noch einmal
seine Intellektualität, indem er eine 28 Bände umfassende volkswirtschaftliche
Arbeit schrieb, das Staatsschuldentilgungswesen. Als er auf dem Druck
des Werkes bestand, wurde ihm dies wiederholt abgelehnt mit der Bemerkung, er
hätte sich wieder einer scharfen Polemik gegen hochgestellte Persönlichkeiten
nicht enthalten können. Zum Schluß seines Lebens wandte sich der gebrochene Mann
der Religion zu und sandte dem König einen Brief in versöhnlichem Tone. So
wurde er am 26. August 1826 entlassen.
Massenbach war es nicht
gegeben, seine Freiheit zu genießen. Am 21. November 1827 starb er in
Bialokosch. Seine Gattin, die noch bis 1846 lebte, und seine drei Kinder
trauerten um ihn.[52]“ „Bei dem Ordnen seines
Nachlasses“ – so schließt Knesebeck seine Biographie – »fand sich noch eine
große Menge von Schriftstücken vor, hatte doch Massenbach auf Festung einige
Zentner Papier beschrieben. Einen Teil nahm sich Cassius, während die letzten
Dienstpapiere der Oberst v. Diest vom Posener Generalkommando mit einem
Trainwagen abholte.«[53]
II
Die gewaltigste Erscheinung
aber, und eine der gewaltigsten des Jahrhunderts überhaupt, ist der sehr große
Christian von Massenbach.
Arno
Schmidt
Wer ein beliebiges Werk zur
preußischen Geschichte aufschlägt und das Register bemüht, kann sicher sein,
unter dem Stichwort: Marwitz, Friedrich August Ludwig von der (1777-1837)
mehrere Fundstellen zu finden. Der General und Politiker, dessen umfangreicher
Nachlaß mehrmals herausgegeben wurde, zählt zu den konservativsten
Repräsentanten seiner Zeit. Dagegen wird man lange suchen müssen, um in den
Registern auch Massenbach erwähnt zu finden.
Warum?
Auch Schmidt deutet in
seiner eigenen Art die Ursache dafür einmal an, obgleich seine Feststellung
nicht nur für die Jahre vor Jena und Auerstedt von Bedeutung war:
Damals giebt es 2 Parteien im
Lande: einmal die sogenannte >Preußische< - an deren Spitze stehen die
berüchtigte >Königin Louise<; Prinz Louis Ferdinand, >sechs Fuß hoch
aufgeschossen<; der schon erwähnte General Rüchel; in unsere Tagessprache
übersetzt also: Chauvinisten & Militaristen. / Und außerdem die sogenannte
>Französische Partei<, die auf ein Vereinigtes Europa unter der Hegemonie
Frankreichs hinarbeitet. - der gehören vor allem zahlreiche Intellektuelle an;
ihr geistiges Zentrum ist der große Christian von Massenbach.[54]
Die Unversöhnlichkeit, die
Erbitterung und der Haß, mit denen sich beide Parteien damals bekämpften, kann
aber erst recht verstanden werden, wenn man sich den wirtschaftlichen
Hintergrund vergegenwärtigt. Kurt Eisner, einer der wenigen Wissenschaftler,
der zu Beginn unseres Jahrhunderts die deutschen Napoleonfreunde zu verteidigen
suchte, konnte das giftige Gezänk der Antipoden ökonomisch erklären:
Der Gegensatz der
französischen und russisch-englischen Partei wurzelt in wirtschaftlichen
Interessen. Die Bureaukratie sympathisierte mit dem Bürgertum der Städte, das
in seinen intellektuellen Gliedern ohnehin das Land und Volk der Revolution
liebte, dessen Händler und Fabrikherren zugleich ihren Absatz und Markt in
Frankreich fanden, in der englischen Manufaktur aber und dem englischen Handel
ihre gefährlichsten Konkurrenten fürchteten; die ganze gewerblich tätige
Bevölkerung ging mit Frankreich. Dagegen waren die Getreide verkaufenden Junker
englisch gesinnt, weil sie einen bedeutenden landwirtschaftlichen Export nach
England hatten. Aus der Unterbindung des Getreideverkaufs der Ostelbier nach Großbritannien
erwuchs der patriotische und nationale Haß gegen den fremden Eroberer.[55]
Waren die publizistischen
Streitigkeiten und Intrigen gegen die Franzosenfreunde damals sehr engagiert,
so steigerten sich die Diffamierungen und Verunglimpfungen bei der preußischen
Historikerzunft ins Groteske. Denn zur Verklärung der Männer von 1813 und zur
Anerkennung der preußischen Reformer gesellte sich bald die Verteufelung jener
Persönlichkeiten, die es gewagt hatten, auf eine Allianz mit dem Frankreich
Napoleons zu pochen. Der permanente Franzosenhaß, die >Erbfeindschaft<,
prägte die dem Historismus verpflichteten Werke des 19. Jahrhunderts und blieb
teils bis heute bestimmend.[56] Wahrend die
Franzosenfreunde verurteilt wurden, wurden die Gegner Napoleons zu Nationalheiligen
erhoben. Innerhalb dieses Prozesses müssen auch die Urteile über Massenbach
gesehen werden.
Nur ein Autor weigerte sich,
in das allgemeine Wehklagen einzustimmen. Eduard Vehse nutzte die gedruckten Memoiren und die Gallerie, um
innerhalb seiner voluminösen Geschichte der deutschen Höfe
seit der Reformation, deren preußischen Teil er nach der Revolution von
1848 schrieb, manche Anekdote über führende preußische Persönlichkeiten zu
übernehmen. Er lobt Massenbach, der nicht wie andere Personen im Jahre 1806,
die militärische Macht und Fähigkeit der französischen Soldaten unterschätzte:
Noch immer befand man sich
größtenteils in den höheren Kreisen Berlins und im Heere in der alten Täuschung
und Überschätzung. Solche Männer waren selten, wie der Oberst Massenbach und
der Leutnant Dietrich (nicht Heinrich), Baron Bülow [...]. Männer, die, wenn
auch enthusiastisch fühlend und rücksichtslos sich äußernd - Bülow war in
Amerika gewesen - doch Gefühl für das Großartige in Napoleons Erscheinung
besaßen und die die rechten Mittel zur Rettung angaben.[57]
Sonst aber blieb die
Kapitulation von Prenzlau und Massenbachs Einfluß auf seinen Vorgesetzten, den
Fürsten von Hohenlohe, Fix- und Ausgangspunkt für die Beschäftigung mit ihm. In
diesem Zusammenhang erwähnt ihn der Historiker Ludwig Häusser:
Es war der Oberst Massenbach,
dem die kompetentesten Beurteiler Geist, Phantasie, Tätigkeit nicht bestritten,
an dem sie aber Takt, sicheres Urteil, Klarheit und Konsequenz, namentlich wo
es die Ausführung galt, völlig vermißten. Er hatte das Gepräge eines rastlosen
Planmachers, eines raisonnierenden Talentes, das gern die Miene des Alles
Überschauenden Genies annimmt, und war zugleich der eigentliche Repräsentant
der gelehrt und tiefsinnig klingenden Generalstabsweisheit jener Tage. [...]
Dabei war er von dem Wahne betäubt, Preußens Heil sei allein in einer
Verbindung mit Napoleon zu suchen, stand also nicht mit dem Herzen bei diesem
Kriege; wie seine spätere Schriftstellerei beweist, fehlte ihm auch die Pietät
und Anhänglichkeit an den Staat, der sein zweites Vaterland geworden war.[58]
Eingehender, aber auch
gehässiger führt Heinrich von Treitschke, dessen Deutsche
Geschichte im neunzehnten Jahrhundert zwischen 1879-1894 erschien,
Massenbach vor. Angewidert von seiner Schriftstellerei, seinen
Verfassungsideen, erwähnt auch er den Einfluß des Obersten auf den Fürsten von
Hohenlohe. Der ist nämlich von »dem eitlen Schönredner Massenbach übel beraten«[59] und muß daher versagen.
Dann gehöre Massenbach auch zu dem »Schwarm frecher Lästerer«,[60] die geschäftig allen Unrat
zusammengetragen hätten, der sich nur irgend in den Winkeln der alten Monarchie
hätte finden lassen. Auf Massenbachs Verhaftung in Frankfurt anspielend,
verbittet er sich noch nachträglich jede freiheitliche Kritik an dem Senat der
Stadt, der doch »uneingedenk der Souveränität seines Staates einen gemeinen
Verbrecher ausgeliefert hatte«.[61]
Nach solchen Vorarbeiten
konnte auch die erste neuere, dreiseitige Biographie über den Militär nur
parteilich ausfallen. In der Allgemeinen deutschen
Biographie (1884) weiß aber Poten allerhand Klatschgeschichten
mitzuteilen, die er von Massenbachs ehemaligen Feinden von Müffling und von der
Marwitz übernommen hat und die darauf abzielen, den Obersten lächerlich zu
machen:
...ein geistvoller, genialer
Kopf freilich, aber von einer unruhigen, aufreibenden Thätigkeit, verstand er
nicht mit Menschen umzugehen; heftig, eitel, rechthaberisch und herrschsüchtig,
konnte er liebenswürdig sein, wenn er unbedingter Zustimmung zu seinen
Ansichten begegnete; Widerspruch machte ihn grob; seine reichen Kenntnisse
verstand er in fließender, formgewandter Redeweise zu verwerthen. Seine
Auffassung der politischen Lage Preußens war von schwerwiegendstem Einfluß;
noch immer sah er in Napoleon den wahren Erretter und den berufenen Schützer
seines Adoptivvaterlandes. Nachlässig im Anzuge, ging er mit der Miene des
Denkers einher und liebte es, seine Meinung in Orakelsprüchen kundzugeben.
Dabei war er ein schlechter Reiter, dem sein starker, vollblütiger Körper sehr
erschwerte zu Pferde zu sein, so daß er auf den Märschen meist fuhr; auch
dieser Mangel erschwerte es ihm bei Prenzlau sehr, die Wahrheit zu ergründen.[62]
Die Parteilichkeit Potens
wird deutlich, wenn er zwei andere Kurzbiographien, die zu Beginn des Jahrhunderts
erschienen und die informativ genug sind, pauschal ablehnt, weil sie »ein ganz
verkehrtes Bild«[63] des geschmähten Mannes
zeichneten.
Als Max Lehmann 1886/87 eine
zweibändige Würdigung des Heeresformers Scharnhorst vorlegte, konnte er nicht
umhin, auch Massenbach zu erwähnen. Die Recherchen sind detailliert, das Urteil
eindeutig: »Es ist eine der fürchterlichsten Aufgaben, zu welcher der
Geschichtsschreiber dieser Periode sich verurteilt sieht, die
>Ausführlichen, mit aller Freimütigkeit geschriebenen Memoiren des Obristen
von Masseribach< durchzuackern, vergleichbar nur der Lektüre der
Denkschriften seines guten Freundes Ancillons: das Unbehagen, welches der Leser
empfindet, streift nahezu an körperlichen Schmerz.«[64] Komisch wirkt dann Lehmanns
folgendes statement: »Dabei bleibt leider wahr, daß der Mann keineswegs
abstoßend wirkte. Wenn er, ausgestattet mit der den Oberdeutschen so wohl
anstehenden Beredsamkeit, aus seinem Munde Theorien und Kritiken ergehen ließ,
die eine immer unfehlbarer als die andere, so horchte ihm jeder gern zu.«[65] Lehmann war aber zu
>wissenschaftlich<, um nicht auch klar und deutlich zu sagen, warum er
diesen >Spätjakobiner< verurteilte. In einer hämischen Kritik der
frankophilen Publizisten geht er auch auf die Bedeutung Massenbachs in diesem
publizistischen Kampf (1806-180S) ein: »Durch eine innere Wahlverwandtschaft
getrieben, erhoben sie Massenbach auf den Schild: war er doch stets ein Anwalt
der französischen Allianz gewesen; glich er doch ihnen an Tadelsucht; schwärmte
auch er für eine Constitution nach französischem Muster, welche den dritten
Stand über den Adel erheben sollte.«[66]
Lehmanns Antipathie
gegenüber Massenbach ist übrigens nicht nur aus politischen Gründen zu
erklären. Der Historiker identifizierte sich so mit Scharnhorst, daß er auch
Scharnhorsts Feind - und das war Massenbach - nicht mehr gerecht einzuschätzen
verstand: »Nichts kann verschiedener sein, als die Art, wie Massenbach und
Scharnhorst auf ihre Umgebung wirkten. Der rasche und redegewandte Franke blendete,
wohin er auch kam, und nur Schritt für Schritt erkannte man die Dürftigkeit und
Verwirrung seines Hirns; der nüchterne und langsame Niedersache hatte Mühe,
sich geltend zu machen.«[67]
Die Eigenheit, Massenbach
mit den Augen seiner damaligen Kontrahenten zu sehen, kennzeichnet auch die
Monographie Hermann Hueffers über Johann Wilhelm Lombard. Es ist eine der
wenigen Arbeiten, die es sich zur Aufgabe machte, einer bisher sehr
umstrittenen Persönlichkeit der preußischen Geschichte gerecht zu werden. Gegenüber
einem Wust von Verleumdungen zu einem ausgewogenem Urteil zu kommen, machte
Hueffer zu schaffen. So mußte der Verfasser in seinem Vorwort gestehen, daß
sein Held in der Historiogrophie des 19. Jahrhunderts keinen Beifall erhaschen
Konnte: »Nicht allein seine politischen Grundsätze, sondern auch seine
Persönlichkeit, seine Sitten, sein Charakter wurden in der härtesten Weise
beurteilt; Bezeichnungen wie >frivoler Wüstling, entnervter Roué, leerer
Dichterling, windiger Halbfranzose< wiederholen sich in neueren wie in
älteren Schriftwerken.«[68] Im Zusammenhang mit Lombard
widmet sich Hueffer erstmals sehr ausführlich der kritischen Publizistik nach
1806 und beurteilt sie sachlicher, als es bisher üblich war. Immerhin
bescheinigt er etwa den Vertrauten Briefen über die
inneren Verhältnisse am Preußischen Hofe des schon erwähnten Cölln einen
gewissen Quellenwert.[69] Allerdings gilt dies
Wohlwollen nicht für Massenbach. Der hatte nämlich Lombard in arge Verlegenheit
durch ein Sendschreiben gebracht und ist daher auch für Hueffer passé: »Aber
wenn das Unglück edle, kräftige Naturen stählt und erhebt, so brachte es bei
Massenbach den Grundzug seines Wesens, eine eitle Selbstsucht, welcher nichts
heilig war, und eine niedrige Gesinnung, die vor dem Gemeinsten nicht zurückbebte,
zur nackten Erscheinung.«[70]
Als 1906 der marxistische
Schriftsteller Franz Mehring seine Sicht des vor hundert Jahren erfolgten
Niedergangs des preußischen Staates darlegte, formulierte er Wendungen und
Einschätzungen über die »Junkerklasse«, die Massenbachs Äußerungen, wenn auch
verschieden in der Diktion, sehr ähnlich sind. Nur wußte er nicht, daß dieser
von ihm gebeutelte Mann Munition in seinem Sinne geliefert hatte. So kann er
auch nur die Historiographie nachbeten und sich im Sinne Lehmanns über den
ersten kritischen Geschichtsschreiber jener Zeitepoche äußern: »Die
bekanntesten Generalstäbler vor Jena waren der Württemberger Massenbach und der
Hannoveraner Scharnhorst. Massenbach war auf der Karlsschule in Stuttgart
erzogen worden, wo er nicht viel Kriegskunst und Kriegswissenschaft lernen
konnte; begabt mit glücklichen Schwadroniertalenten, blieb er doch immer ein
luftiger Phantast, der gleichermaßen für König Friedrich und Bonaparte
schwärmte. Von ganz anderem Schlage war Scharnhorst, verschlossen,
wortkarg....«[71]
Das hundertjährige Jubiläum
des Jahres 1813 war Anlaß, den militärischen Geist Preußens zu verherrlichen
urid das Nationalbewußtsein zum nächsten Krieg vorzubereiten. Es schwoll eine
>historische< Literatur heran, die kaum noch zu übersehen ist.[72]
Der Regierungs- und Schulrat
Walther Tomuschat, der wie andere Autoren das Jahr 1813 zum Anlaß nahm, auch
die Vorgeschichte des Ereignisses zu berücksichtigen, konnte das Jubiläumsjahr
kaum erwarten und veröffentlichte daher schon 1911 eine Schrift, deren
Trivialität und Preußenbegeisterung zeigt, wie man Geschichtsschreibung zu
massiven Propagandazwecken benutzen konnte.
Auf der Suche nach
Sündenböcken für Preußens Untergang stieß er auch auf Massenbach und den
Fürsten Hohenlohe. In der Kapitulation von Prenzlau sah er »das traurigste
Ereignis unserer ganzen preußischen Geschichte«.[73] Hohenlohe wird vorgeworfen,
daß er Massenbach nicht entließ und selbst ohne Bedenklichkeiten den Heldentod
suchte: »Im vorliegenden Falle entehrte darum der Feldherr durch seine
schimpfliche Kapitulation nicht nur sich selbst, sondern fügte dem Vaterland
eine Schmach zu, die zwar durch die Taten von 1813 überreichlich gesühnt worden
ist, aber nicht mehr aus den Blättern der preußischen Geschichte entfernt werden
kann, die heute noch jedem Patrioten schmerzlich auf der Seele brennt, und auf
die heute noch unsere Feinde mit hämischer Schadenfreude hinweisen. Was
bedeutet dagegen das Leben von einigen Hunderten oder auch von tausend
Soldaten.«[74] Über Massenbach selbst
heißt es: »Seine an sich ganz achtbaren Fähigkeiten wurden durch seine
übermäßig starke Phantasie derart verwirrt, daß er den Maßstab für die
wirklichen Verhältnisse verlor und damit zur Lösung praktischer Aufgaben so gut
wie unfähig wurde.«[75] Es sei noch erwähnt, daß
Tomuschat solchen Draufgängern wie dem Generalleutnant von Rüchel und dem
Prinzen Louis Ferdinand - »eine der bedeutendsten Persönlichkeiten aus der
militärischen Umgebung des Königs«[76] - vollen Respekt zollte.
Von solchen Manipulationen
war die nächste Veröffentlichung von Paul Schreckenbach weit entfernt. Rüchel
ist ihm ein ungebildeter Patron und auch Louis Ferdinands Treiben wird
schonungslos aufgedeckt. Trotz dieser Unterschiede sind sich beide Autoren über
Massenbach einig, oder vielmehr ist Schreckenbach in seinem Urteil noch
schärfer. So nennt er den Generalquartiermeister »einen Querkopf erster Klasse«[77] und über dessen Einfluß auf
Hohenlohe äußert er: »So befand sich denn das Hohenlohische Korps in Wahrheit
unter der Leitung eines Halbverrückten, denn so und nicht anders muß den Oberst
jeder nennen, der seinen im September 1806 dem Könige überreichten
Operationsplan kennt.«[78]
1924 erschien die erste und
einzige ausführliche Biographie über den Wahlpreußen. Arno Schmidt schrieb 1949
selbst über den Wert der Arbeit des Historikers und Oncken-Schülers Ludolf
Gottschalk von dem Knesebeck:
Stilistisch ist das Buch
unbeachtlich, und an intimen biographischen Details so arm, daß selbst das
Biogramm der >Allgemeinen deutschen Biographie< oft mehr bietet;
ungewöhnlich dagegen, selbst vom borniert-preußischen Standpunkt aus, ist die
verächtliche, kalt historisch-medizinisch aufgeputzte Animosität des Verfassers
gegen Massenbach. Gutes und Entlastendes verschweigt er, wo er kann; dabei sind
selbst die gedruckten Quellen nachlässig benützt - er kennt z. B. Fouqués
Autobiographie und das ganze Verhältnis mit seinen menschlich so warmen und
literaturgeschichtlich so bedeutsamen Einzelheiten gar nicht. Das Detail ist
vielfach unzuverlässig und falsch. Vor allem aber ist die zentrale Stellung des
doch immer wieder so erschütternd eindringlich ausgesprochenen Europagedankens
bei Massenbach, sowie dessen logisch hierin begründete Grundhaltung: für
Frankreich; gegen Rußland - überhaupt nicht gesehen und erkannt.[79]
Arno Schmidts Urteil ist
berechtigt. In der Tat beachtet Knesebeck, der Massenbachs Rolle bei Jena und
Prenzlau genau rekonstruiert - fast ein Drittel seines Buches ist diesem
Problem gewidmet, - die politischen Schriften des Obersten nur am Rande. Unverständlich
ist auch die Diskrepanz zwischen eingesehenen Archivalien und deren Auswertung.
Obgleich Knesebeck in über einem Dutzend von Archiven geweilt zu haben scheint,
bietet er in seiner Darstellung nicht mehr als eine Aufzählung von Fundstellen.
Hier allerdings liegt auch der Wert der Arbeit. Jeder neue Versuch, Christian
von Massenbach gerecht zu werden, wird Knesebecks bibliographische Kleinarbeit
als Grundlage und Ausgangspunkt für eine wissenschaftliche Untersuchung
heranziehen müssen. Das Urteil des Historikers ist gegenüber den bisher
genannten Einschätzungen wohlwollend:
Einer von denen, die schon
frühzeitig die Reformation des preußischen Staates durchsetzen wollten, war der
Oberst Christian von Massenbach. In einzelnen Punkten sah er klar die Mängel
des Staatsorganismus. Er war aber zu fest in seiner Zeit verwurzelt, und es
fehlte ihm die Kraft des Genies, um seine guten Ideen in die Tat umzusetzen;
ebenso die Fähigkeit, sich den neuen Gedanken völlig hinzugeben.[80]
Der Massenbach-Forscher
erkennt nur dessen Leistung bei der Reformierung des
Generalquartiermeisterstabes an: »Hier spannte er alle Kräfte an und glaubte,
dadurch seinen höchsten Zielen näher zu kommen; hier schuf er eine bleibende
Leistung.«[81]
Die Hatz gegen den Militär
erreichte noch einmal einen Höhepunkt. Denn Otto Tschirch legte 1933 ein
Standardwerk vor, dessen Detailkenntnis und dessen Fleiß besticht, dessen
Preußenbegeisterung und dessen konsequente Ablehnung der Ideen der
Französischen Revolution aber heute nur noch schwer zu verstehen sind. Da nun
aber Tschirch jeden, der mit den welschen Ideen liebäugelte, verdammte, so ist
seine Aussage, Massenbach sei »eine der widerwärtigsten Erscheinungen in der
Geschichte der öffentlichen Meinung Preußens«[82] für den Obersten fast eine
Ehre. Tschirchs Buch hat den Vorteil, daß zum einen Massenbachs Schriften genau
analysiert werden und zum andern deutlich wird, daß er keineswegs allein auf
eine Allianz mit Frankreich aus war.
Auch nach dem zweiten
Weltkrieg änderte sich nicht viel an der Einschätzung Massenbachs. Willy
Andreas wiederholte die altbekannten Stereotypen, ohne Einschränkung.[83] Es
blieb dem französischen Forscher Jacques Droz (1966) vorbehalten, Massenbachs
Wirken und Ideen ohne gehässige Attribute zu skizzieren: »Ce brillant officier,
qui était passé du service du Wurtemberg à celui de la Prusse, admirateur de
Fredéric II ainsi que de la Revolution française, était l`un de ces nombreux
>patriotes< qui avaient pensé que la Prusse dévait utiliser l`alliance
française....«[84] Wenn Massenbach seitdem kaum
mehr erwähnt wurde und seine Schriften als Quelle nicht genutzt wurden, so
resultiert dies keineswegs aus einer konservativen Tendenz der
Geschichtsschreibung. Im Gegenteil. Nachdem man haarklein die geschichtliche
Bedeutung einzelner Könige, Prinzen, Räte und Militärs dargelegt hatte, konnte
es nicht mehr darum gehen, Geschichte aus der Perspektive einzelner
Führungskräfte darzustellen. Wesentlicher war und ist es, mit wirtschaftlichen
und sozialgeschichtlichen Kriterien Strukturen Preußens aufzudecken.[85]
Eine wertvolle Biographie
über einen Zeitgenossen Massenbachs, den Prinzen Louis Ferdinand von Preußen,
schrieb auch daher kein Hochschulhistoriker, sondern der Schriftsteller Eckart
Kleßmann. Über Massenbach heißt es: »Christian von Massenbach, Württemberger im
preußischen Generalstab, war ein angesehener, wenngleich umstrittener Mann. Er
war nicht untalentiert, machte aber seine Begabung selbst zunichte durch eine
maßlose Selbstüberschätzung und eine fast schon neurotische Lust, alles und
jedes festzuhalten und ausgiebig zu kommentieren. In unserem Fall ist das ein
Glück.«[86]
Was Kleßmanns Werk von
bisherigen Biographien zum Themenkreis unterscheidet, ist u. a. die Suche und
Verwendung entlegener Archivalien. Kleßmann ist daher einer der ganz wenigen
Historiker, der sich die Mühe machte, die ungedruckten Memoiren Massenbachs im
Archiv zu Merseburg einzusehen und als Quelle ernst zu nehmen. Wie zäh sich die
negative Beurteilung Massenbachs auch heute behauptet, zeigen
Veröffentlichungen, die im Zusammenhang mit einem neuen Preußen-Boom stehen.
Selbst ein sonst so kritischer Autor wie Bernt Engelmann würdigt zwar etwa Hans
von Held, erkennt aber nicht Massenbachs wirkliche Bedeutung.[87] Siegfried Fiedler, der in
einem Handbuch noch einmal unter kriegsgeschichtlichem Aspekt diese Epoche der
preußischen Geschichte vorstellt, bereichert dagegen noch einmal unseren
Zitatenschatz. Fiedler erkennt zwar an, daß die Neuorganisation des
Generalquartiermeisterstabes durch Massenbach, einem Manne, »der sonst nur
Unheil gestiftet hat«[88], initiiert worden sei.
Aber: »Dafür gab es gerade in den oberen Rängen einen regelrechten
Bildungsklüngel, der wie Massenbach und Rüchel [sic] sehr konfuse, von
schwülstiger Sprech-, Schreib- und Denkweise durchsetzte Lehren erteilte und
Leute vom schlichten Verstande nur abstoßen konnte.«[89] Und auch der Einfluß des
Militärs auf seinen Vorgesetzten Hohenlohe bei Jena und Auerstedt erhält eine
sprachliche Variante. Massenbach habe über den Fürsten die Oberhand gewonnen:
»Diesen geschwollen daherredenden Spintisierer der Kriegswissenschaft hat das
Schicksal Europas auch auf dem Rückzuge mehr beschäftigt als die schlimme Lage
der Armee. Unentwegt bedrängte er seinen Oberbefehlshaber, dafür zu sorgen, daß
die Allianz mit Rußland nicht zustandekomme, denn das Heil liege jetzt allein
im Bündnis mit Frankreich.«[90]
Wenn die Preußen-Renaissance
durch die Ausstellung in Berlin 1981 einen vorläufigen Höhepunkt erreichen wird
und wenn schließlioh 1986 des Todes Friedrich II. gedacht wird, sollten auch
die ungedruckten Memoiren Massenbachs vorliegen. Sie könnteri dazu beitragen,
die Preußen-Nostalgie etwas zu dämpfen.
[1] (Friedrich Buchholz): Gallerie Preussischer Charaktere. Germanien ( = Berlin: Zander) 1808, 607 (zitiert nach dieser Neuausgabe).
[2] Robert Uhland: Geschichte der Hohen
Karlsschule in Stuttgart. Stuttgart: Kohlharnmer 1953, (Darstellungen aus der
württembergischen Geschichte,
Bd.
37), 124.
[3] Julius Hartmann: Schillers
Jugendfreunde. Stuttgart – Berlin: Cotta 1904, 78.
[4] Zu Nicolai vgl. Uhland, 45 – 53 und passim;
ferner die Widmung in Massenbachs „Historischen Denkwürdigkeiten“.
[5] Vgl. (Christian von Massenbach:
Rückerinnerungen an große Männer. Amsterdam: Kunst- und lndustrie-Comptoir
1808, 96.
[6] Massenbach, Rückerinnerungen, 9.
[7] Zit. nach Hans Wahl: Prinz Louis
Ferdinand von Preußen. Weimar: Kiepenheuer 1917, 151. Vgl. auch Eckart Kleßmann: Prinz
Louis Ferdinand von Preußen (1772-1806). Gestalt einer Zeitwende. München: List 1972, 113 – 114.
[8] Vgl. etwa Arthur
Chuquet: Les guerres de la Revolution. 7 Bde. Paris 1886-92; Johannes Ziekursch: Zur Geschichte des
Feldzuges in der Champagne, in:
Forschungen zur brandenburgischen und preußischen Geschichte 47, (1935),
20-77.
[9] (Christian von Massenbach):
Memoiren über meine Verhältnisse zum Preußischen Staat und insbesondere zum
Herzog von Braunschweig. Amsterdam:
Kunst- und Industrie-Comptoir 1809, 1. Bd., 94 – 95; zur Kontroverse
über eine mögliche Beeinflussung Goethes durch Massenbach vgl. Gustav Roethe:
Goethes Campagne in Frankreich 1792. Eine
philologische Untersuchung aus dem Weltkriege. Berlin: Weidmann 1919, 167 –
168.
[10] (Christian von Massenbach):
Betrachtungen über die Feldzüge Oesterreichs und Preußens gegen Frankreich.
o. O. 1795, 109.
[11] (Georg Friedrich Willibald Ferdinand von Cölln):
Vertraute Briefe über die inneren Verhältnisse am Preußischen Hofe seit dem
Tode Friedrich II.
Amsterdam – Cölln: Peter Hammer 1807, 2. Bd., 143.
[12] Es handelt sich um den Brief vom 19. Dezember
1805 aus Zwickau an die Prinzessin Louise. Vgl. Wahl, 269-271.
[13] Zit. nach Wahl, 360 – 363.
[14] Franz Mehring schreibt dazu: „Es ist
unmöglich und heute auch ohne jedes Interesse, diese gegenseitigen Zänkereien
darzustellen oder die Kreuz- und
Querzüge zu schildern, die sie zur Folge hatten. Um so weniger als es
historisch zu einer völlig falschen Auffassung führt, wenn man die letzten
Todessprünge des längst dem Tode geweihten Opfers als die eigentlichen
Ursachen seines Todes ansehen wollte. Wären Braunschweig, Hohenlohe
und
Massenbach jeder mit dem dreifachen Genie des alten Fritz gesegnet gewesen und
hätten sie alle drei in holdester Harmonie gehandelt, so wäre
es
eben das gewesen,“ Franz Mehrinq: Jena und Tilsit. Ein Kapitel
ostelbischer Junkergeschichte (1906), in: F.M.: Gesammelte Schriften. Bd. 6.
Berlin/DDR: Dietz 1976, 114.
[15] (Johann Wilhelm Lombard): Materialien
zur Geschichte der Jahre 1805, 1806 und 1807. Seinen Landsleuten zugeeignet von
einem Preußen. Frankfurt Leipzig: Nicolai 1808, 216.
[16] Ludolf Gottschalk von dem Knesebeck: Das
Leben des Obersten Christian Ludwig August Reichsfreiherrn von und zu
Massenbach. Leipzig: Baustein o. J. (Vorwort 1924), 137 – 138.
[17] (Christian) von Massenbach: Betrachtungen und
Aufschlüsse über die Ereignisse der Jahre 1805 und 180G. Frankfurt – Leipzig:
1808, 12.
[18] Massenbach, Betrachtungen (1808), 16.
[19] Massenbach, Betrachtungen (1808), 140.
[20] (Christian) von Massenbach: Drei
Sendschreiben an die Herren Generallieutenants von Blücher und Rüchel und
an den Geheimen Cabinetsrath Herrn Lombard. Nebst dessen Erklärung über das
Buch: Gallerie Preussischer Charaktere. Frankfurt – Leipzig: 1808, 28.
[21] Zum direkten Echo der ‚Gallerie’ vgl. Herman Granier
(Hg.): Berichte aus der Berliner Franzosenzeit. 1807 – 1809. Leipzig: Hirzel
1913, (Publikationen aus den K. Preuss. Staatsarchiven, Bd. 88), 120, 137 –
138, 140, 142. Die letzte Textstelle erwähnt z. B., daß die »Gallerie« in Paris
„bei nicht weniger als sechs Verlegern“ erschien.
[22] (von Cölln): Intelligenzblatt zu den
Neuen Feuerbränden. Leipzig: Gräff 1808, Nr. 2.
[23] Cölln, Intelligenzblatt, Nr. 2.
[24] Cölln, Intelligenzblatt, Nr. 2. Gegenüber dem
Pragmatiker Massenbach hat Buchholz doch mehr die Forschung beschäftigt; vgl.
Kurt Bahrs: Friedrich Buchholz. Ein preußischer Publizist, 1768-1843.
Berlin 1907, (Historische Studien 57), Reprint Vaduz: Kraus 19G5;
Hans Gerth: Friedrich-ßuchholz. – Auch ein
Anfang der Soziologie, in: Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft 110,
(1954), 665- 692.
Jörn Garber (Hg.): Revolutionäre Vernunft.
Texte zur jakobinischen und liberalen Revolutionsrezeption in Deutschland 1789
– 1810. Kronberg/Taunus:
Scriptor 1974, 213 – 220.
[25] Zit. nach Hermann Hueffer: Die
Kabinetsregierung in Preußen und Johann Wilhelm Lombard. Ein Beitrag zur
Geschichte des preußischen Staates vornehmlich in den Jahren 1797 bis 1810.
Leipzig: Duncker und Humblot 1891, 305.
[26] Vgl. Kurt Bahrs; auch Max Lehmann: Scharnhorst.
2 Bde. Leipzig: Hirzel 1886-1881, hier Bd. 1, 536-538.
[27] Vgl. Hueffer, 361-368.
Zu Held: K.A. Varnhagen von Ense: Hans
von Held. Ein preußisches Karakterbild. Leipzig: Weidmann 1845. Varnhagen geht
in seiner Biographie auf zwei unveröffentliche Schriften ein, die Held,
unzufrieden mit der ‚Gallerie’, schrieb. Held ging dabei weit über die
‚Gallerie’ hinaus, so daß selbst Varnhagen nur ihre Tendenz anzugeben wagte.
Diese ist eindeutig. Schrieb doch Held (Varnhagen von Ense, 201): „Ginge ich
darauf aus, denen, die mir jetzt noch schaden können, wie wohl auch der Rest
ihrer Macht bald dahin sein wird, zu gefallen, so wäre es mir ein Leichtes
gewesen, meinen Ton zu mildern und die strengen Wahrheiten wegzulassen...
Allein theils ist mir alles Halbe unleidlich,
theils enthält die Größe meines Unglücks selbst den Grund, warum es mir gar
nicht schwer wird, alles zu wagen und im höchsten Grade dreist zu sein.“
Varnhagen steht den Franzosenfreunden kritisch gegenüber: „Wirklich eine Flut
war es zu nennen, was nur an Druckschriften heranschwoll; der schamlose
Kriegsrat von Cölln machte durch seine ‚Vertrauten Briefe’ und ‚Feuerbrände’
den Anfang zur rücksichtslosen Aufdeckung aller Gebrechen und Schwächen des
Staats; nicht so gemein, aber doch ungehörig und voreilig, schrieb Friedrich
Buchholz, der seine politischen Abstraktionen mit der siegenden Sache zu
verbinden suchte und nun, hinter dem Siege her, mit seiner Weisheit leicht
prunken konnte; die unermüdliche Feder des Obersten von Massenbach bereitete
ebenfalls manches Ärgernis. Am ärgsten trieb es ein feiler, dem französischen
Interesse verkaufter Schreiber namens Lange, der ein neues Blatt, ‚Der
Telegraph’ genannt, herausgab, worin nicht nur alle Ereignisse feindlich und
hämisch zum Nachteil Preußens erzählt, sondern auch die gehässigsten
persönlichen Schmähungen, selbst gegen die unglückliche hochverehrte Königin ausgestoßen
wurden, so daß das Volk darüber in Wut geriet und der Zeitungsschreiber und
sein Laden oftmals durch französische Wache geschützt werden musste.“
Karl August Varnhagen von Ense:
Denkwürdigkeiten des eigenen Lebens. Bd. 1. Berlin/DDR: Rütten & Loening
1971, 200.
[28] Massenbach, Drei Sendschreiben, 3 – 4.
[29] Massenbach, Drei Sendschreiben, 29.
[30] Massenbach, Drei Sendschreiben, 29.
[31] Massenbach, Drei Sendschreiben, 63.
[32] Massenbach, Drei Sendschreiben, 13.
[33] Vgl. oben Anm. 7 und Hueffers Kapitel über die
‚Materiaux’, I. Bd., 369 ff.
[34] Massenbach, Drei Sendschreiben, 24.
[35] Massenbach: Betrachtungen (1808), VII.
[36] Das Buch erschien 1808 in F. A. Brockhaus’
Kunst- und Industrie-Comptoir in Amsterdam.
[37] Massenbach, Rückerinnerungen, 15.
[38] Vgl. (von Cölln): Neue Feuerbrände zum
brennen und leuchten. Herausgegeben von dem Verfasser der vertrauten Briefe.
Berlin 1808, 16. Heft. Dort werden schon Memoiren, und Denkwürdigkeiten
propagiert – auch die 1808 erschienenen Rückerinnerungen: „Das Kunst- und
Industrie-Comptoir in Amsterdam macht das Publikum vorläufig aufmerksam auf
folgende drei wichtige historische Werke, welche zur Leipziger
Michaelis-Messe dieses Jahres 1808, im Verlage dieser Buchhandlung erscheinen
werden.“
[39] Massenbach, Memoiren, XVII.
[40] Knesebeck (s.
Anm. 16), 148.
[41] Zit. nach Knesebeck, 150.
[42] Knesebeck, 151.
[43] Die Constitutionen der europäischen Staaten
seit den letzten 25 Jahren. 2. Teil. Leipzig und Altenburg: Brockhaus I817,
220.
[44] Christian von Massenbach: An alle
teutschen Männer. Heidelberg: 1817, 13.
[45] Massenbach, An alle teutschen Männer, 33-34.
[46] Vgl. Christian von Massenbach: An alle
teutschen Männer. Zweytes Schreiben. Teutschland im Jahr 1817, 50.
[47] (anonym), Christian, Freiherr v. Massenbach;
in: Neuer Nekrolog der Deutschen, Ilmenau: Voigt 1829, 981.
[48] Massenbach, An alle teutschen Männer, Zweytes
Schreiben, 55.
[49] Zit. nach Knesebeck, 111.
[50] Knesebeck, 175.
[51] Zit. nach Knesebeck, 188 – 89.
[52] Nekrolog, 983.
[53] Knesebeck, 195.
[54] Arno Schmidt: Müller/oder vom
Gehirntier, in; A.S.: Belphegor. Nachrichten von Büchern und Menschen.
Karlsruhe: Stahlberg 1961, 114 – 178, hier 145; Taschenbuch: A.S.: Tina/oder
über die Unsterblichkeit. Frankfurt a.M. - Hamburg: Fischer 1966, (FTB 755),
51-88, hier 69.
[55] Kurt Eisner: Das Ende des Reichs.
Deutschland und Preußen im Zeitalter der großen Revolution, Berlin: Vorwärts
1907, 227.
[56] Zur allgemeinen Problematik vgl. etwa Georg
G. Iggers: Deutsche Geschichtswissenschaft. Eine Kritik der
traditionellen Geschichtsauffassung von Herder bis zur Gegenwart. München: DTV
1971, (dtv-WR 4059); Manfred Asendorf (Hg.): Aus der Aufklärung in die
permanente Restauration. Geschichtswissenschaft in Deutschland. Hamburg:
Hoffmann & Campe 1974.
[57] Eduard Vehse: Preussische
Hofgeschichten. Neu herausgegeben von Heinrich Conrad. Bd. IV. München: Müller
1913, 207.
[58] Ludwig Häusser: Deutsche Geschichte
vom Tode Friedrichs des Großen bis zur Gründung des deutschen Bundes.2. Bd.,
Vierte unveränderte Auflage. Berlin: Weidmann 1869, 730-731.
[59] Heinrich von Treitschke: Deutsche
Geschichte im Neunzehnten Jahrhundert. 5 Bde. Leipzig: Hirzel 1928, hier 1.
Bd., 240
[60] Treitschke, I. Bd., 289.
[61] Treitschke, 2. Bd., 403.
[62] Poten: Massenbach, Christian Karl August
Ludwig von, in: Allgemeine deutsche Biographie, 20. Bd., 1884,
566.
[63] ADB, 20. Bd.,
567.
[64] Lehmann (s. Anm. 26), I. Bd., 419 – 420.
[65] Lehmann, 1. Bd., 420.
[66] Lehmann, 2. Bd., 5.
[67] Lehmann, 1. Bd., 420 – 421.
[68] Hueffer (s. Anm. 25), IV.
[69] Hueffer, 347.
[70] Hueffer, 366.
[71] Mehring (s. Anm. 14), 92.
[72] Erwähnt sei etwa: Leipziger
Lehrerverein (Hg.): Im Kampf um Freiheit und Vaterland 1806 – 1815.
Leipzig: Hahn 1913;
Ernst Müsebeck:
Gold gab ich für Eisen. Deutschlands Schmach und Erhebung in
zeitgenössischen Dokumenten, Briefen, Tagebüchern aus den Jahren 1806 – 1815.
Berlin – Leipzig – Wien – Stuttgart: Bong 1913;
Karl Berger:
Freiheit. Stimmen aus der Zeit deutscher Wiedergeburt vor hundert Jahren.
Leipzig: Meulenhoff 1913; usw.
Nach dem
Zweiten Weltkrieg wurde diese Tradition von der DDR-Forschung fortgesetzt:
Friedrich Donath, Walter Markov (Hg.): Kampf um Freiheit.
Dokumente
zur Zeit nationaler Erhebung 1789 – 1815. Berlin: Vlg. d. Nation 1954; Gerhard Steiner,
Manfred Häckel (Hg.): 1813. Ein Lesebuch für unsere Zeit. Weimar:
Volksverlag 1959. In dem genannten Werk wird die franzosenfreundliche
Publizistik und speziell Massenbach nicht erwähnt.
Vgl. aber demgegenüber: Hans-Dietrich Dahnke,
Thomas Höhte, Hans-Georg Werner u.a.: Geschichte der
deutschen Literatur 1789 bis 1830. Berlin/DDR: Volk und Wissen 1978,
(Geschichte der deutschen Literatur von den Anfängen bis zur Gegenwart, 7.
Bd.), dort wird Massenbaoch gewürdigt: „Nach 1806 übernahm der preußische
Generalstabsoffizier Christian Freiherr von Massenbach (1758-1827) Bülows
politische Ansichten und kritisierte wie dieser das alte Preußentum. Er war wie
Bülow mit Buchholz befreundet, von Berenhorsts ‚Betrachtungen über die
Kriegskunst’ und den Ideen der französischen Aufklärung angeregt worden. Von
Frankreichs Überlegenheit und Fortgeschrittenheit überzeugt, drang er
vergeblich auf ein Bündnis mit Napoleon gegen Rußland.“, 591.
[73] Walter Tomuschat (Hg.): Preußen und
Napoleon I. Ein Jahrzehnt preußischer Geschichte. Jubiläumswerk. 2 Bde.
Leipzig: Dürr 1911, hier 1. Bd., 148.
[74] Tomuschat, 1. Bd., 154.
[75] Tomuschat, 1. Bd., 31.
[76] Tomuschat, 1. Bd., 33.
[77] Paul Schreckenbach: Der Zusammenbruch
Preußens im Jahr 1806. Eine Erinnerungsgabe für das deutsche Volk. Jena
Diederichs 1913, 41.
[78] Schreckenbach, 42.
[79] Schmidt,
Belphegor, 452.
[80] Knesebeck,
9.
[81] Knesebeck, 35.
[82] Otto Tschirch: Geschichte der öffentlichen
Meinung in Preußen im Friedensjahrzehnt vom Basler Frieden bis zum
Zusammenbruch des Staates (1795 – 1806). 2 Bände. Weimar: Böhlau 1933/34, Hier
2. Bd., 378.
[83] Vgl. Willy Andreas: Das Zeitalter
Napoleons und die Erhebung der Völker. Heidelberg: Quelle & Meyer 1955,
357.
[84] Jacques Droz:
Le romantisme allemand et l’Etat. Resistance et collaboration dans
l'Allemagne napoleonienne. Paris:
Payot 1966, 107.
[85] Vgl, etwa Henri Brunschwig: Gesellschaft
und Romantik in Preußen im 18. Jahrhundert. Die Krise des preußischen Staates
am Ende des 18. Jahrhunderts und die Entstehung der romantischen Mentalität.
Frankfurt a. M.: Ullstein 1976. (Das Werk des französischen Forschers erschien
erstmals in französischer Sprache 1947); Reinhard Kosellek: Preußen zwischen
Reform und Revolution. Allgemeines Landrecht, Verwaltung und soziale Bewegung
von 1791 bis 1848. Stuttgart: Klett 1967; Otto Büsch: Militärsystem und
Sozialleben im alten Preußen, 1713 – 1807. Berlin: de Gruyter 1962.
[86] Kleßmann (s. Anm. 7), 105 – 106.
[87] Vgl. Bernt Engelmann, Preußen – Land
der unbegrenzten Möglichkeiten, München: Bertelsmann 1978, 61. Engelmann ist
für den hier betreffenden Zeitraum von den Forschungen Walter Grabs beeinflußt.
Grab hat mit seiner Monographie „Saul Ascher, Ein jüdisch-deutscher
Spätaufklärer zwischen Revolution und Restauration, in: Jahrbuch des Instituts
für Deutsche Geschichte, 6. Bd., Tel Aviv 1977, 81-179“ einen preußischen
Napoleonfreund detailliert gewürdigt.
[88] Siegfried Fiedler: Grundriß der
Militär- und Kriegsgeschichte. 3. Bd. Napoleon gegen Preußen. München: Schild
1978, 61.
[89] Fiedler, 68.
[90] Fiedler, 119.